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Ich erinnere mich noch daran, wie es war, Bettina und Dana wiederzusehen.
Das war einige Zeit nach meiner Rückkehr zu meinem Herrn.
Einige Zeit nach dem Schrecklichen, einige Zeit nach dem Krankenhaus, das sich dem Schrecklichen anschloss.
Das war eigentlich gut, das Krankenhaus. Ich habe meistens in der Küche geholfen und die Böden gewischt. Also nur leichte Arbeiten. Ich durfte nicht schwer heben oder tragen und auch nichts machen, was große Beweglichkeit erfordert hätte. Weil ich bin ein paar Mal operiert worden unten rum und dann bin ich wieder in einem Bett gelegen und hatte große Schmerzen,aber es war still und deshalb ich fühlte mich glücklich und im Mund haben sie mich auch operiert- aber den Operationssaal habe ich nie gesehen, weil ich immer schon vorher betäubt wurde. Vollnarkose, versteht Ihr?
Und dann habe ich bis zur nächsten Operation wieder Böden gewischt oder in der Küche mitgeholfen, meistens Kartoffeln geschält, stundenlang Kartoffeln geschält.
Ein Koch hat mich mal angesprochen: „Hey, Zombie...“(so haben sie mich meistens genannt, ich bin ihnen aber nicht böse deswegen, schließlich WAR ich damals einer, habe mit niemand geredet, niemandem irgendwie geantwortet) „...hey, Zombie, du machst das geschickt und schnell. Wenn du willst, kannst du mir auch ein bißchen beim Kochen helfen. Du als Sklavin kannst doch sicher kochen und das macht doch sicher mehr Spaß als immer nur Kartoffeln schälen.“
Der Chefkoch hat ihn aber ziemlich angefahren: „Lassen Sie die Kleine in Ruhe! Sie sehen doch, wie sie dran ist. Außerdem gibt es eine klare Anweisung. Sie soll nichts Anderes machen!“
Na ja, jetzt bei meinem Herrn mache ich wieder so ziemlich alles, außer Gartenarbeiten, das muss ich nicht mehr.
Ich koche und ich bügle und ich sauge die Böden, putze die Fenster, wische Staub und überhaupt alles und natürlich rede ich auch wieder. Ich muss ja antworten, wenn ich gefragt werde.
Gefickt werde ich meistens in den Arsch, weil untenrum, das ist noch nicht so hundertprozentig, aber das macht nichts, wie mein Herr sagt. Er sagt auch immer, das ist schön, wie mager ich doch geworden bin.
Na ja, kein Wunder, im und seit dem Krankenhaus ernähre mich überwiegend von Suppen, in die ich Weißbrot brocke. Was anderes verursacht mir zu große Schmerzen in den Kiefern, es muss auch alles lauwarm sein, nicht zu warm und zu kalt.
Aber meine ausgerissenen Fingernägel, die wachsen gut wieder nach, sie sind zwar noch ganz neu und rosig und noch ein bißchen zu klein, aber Verbände brauche ich schon lange nicht mehr. Die waren nur während der ersten Zeit im Krankenhaus nötig.
Wenn mein Herr mich nicht ficken oder mit mir „rummachen“ will, dann schlafe ich gut und fest und traumlos.
Ich mache auch immer gut mit beim Ficken, weil ich nicht bestraft werden will, das will ich auch sonst nicht, und mein Herr hat mich auch schon gelobt, wie folgsam ich geworden bin.
Nur Schachspielen kann ich nicht mehr. Der Herr hat versucht, wieder mit mir zu spielen, aber irgendwie habe ich vergessen, wie das geht. Ich weiß noch, wie die Figuren ziehen, aber weiß nicht mehr, wie man gewinnt. Ich saß vor dem Schachbrett und wusste nicht, was ich tun sollte. Da habe ich dann die Figuren irgendwie hin und her bewegt, aber das war natürlich alles Quatsch.
Der Herr hat dann auch sehr rasch kapiert, dass es mir auch nicht mehr einfällt, wenn er mich prügelt oder ich „an der Stange hängen“ muss.
Jetzt spielen wir eben kein Schach mehr und eigentlich bin ich ganz zufrieden und glücklich. Weil mir alles egal ist, außer, dass ich weiterleben möchte und nie mehr weg möchte von meinem Herrn, der möglichst wenig Grund haben soll, mich zu bestrafen.
Dann kamen eines Tages die Herren von Bettina und Dana zu Besuch und die hatten ihre Sklavinnen natürlich dabei. Der Herr von den Kleinen, von Yvonne, war auch dabei, aber Yvonne nicht.
Später erfuhr ich dann, dass er sie verkauft hat. Das hat mir dann doch weh getan.
Doch der Reihenfolge nach:
Natürlich habe ich's vorher gewusst, denn ich musste ja alles vorbereiten. Das war viel Arbeit, das hatte ich so nebenher zu erledigen. Ich erfuhr nicht, wer käme, nur, dass es zwei Herren wären. Ich bekam so Angst, dass einer wieder der Sir sein könnte, weil der hatte noch gesagt: „Machen wir sie vollends hin!“, als ich damals in meiner Zelle und am Verbluten war.
Das hätte er ja auch beinahe geschafft. Aber eben nur beinahe.
Der Herr sagte mir zu diesem Zeitpunkt gar nichts mehr, außer immer, was ich arbeiten müsste oder was er sonst so von mir wollte.
Ich fragte auch nichts mehr. Antwortete jedesmal mit „Ja, Herr“, und gehorchte. Das war's.
Also bereitete ich ein warmes Abendessen vor, stellte die Getränke kalt, deckte den Tisch, stellte Blumen drauf, arrangierte Snacks im Wohnzimmer, halt alles was so anlag.
Mein Verstand konzentrierte sich jeweils immer auf das Nächstliegende, auf das, was mir befohlen war . Ich schlief nicht nur traumlos seit dem Sklavengefängnis, ich hing auch keinen Tagträumereien mehr nach. Es war, als habe jemand einen Schwamm genommen und das Wörtchen „ich“ ausgewischt in meinem Gehirn, es gab nur noch „Anna“, und das war eine Sklavin und sonst nichts mehr.
Manchmal, nur manchmal, da überfiel mich irgend eine Erinnerung, irgendein Detail aus einer Folterung blitzte plötzlich auf- und dann ging's mir richtig schlecht und öfters dachte ich, ich werde ohnmächtig, wenn das der Fall war. Nach außen hin ließ ich mir nichts anmerken, sah nur zu, dass ich, wenn dem so war, möglichst aus dem Blickfeld meines Herrn kam, um mich wenigstens abzustützen an einer Wand und schwer atmend ein paar Minuten zu warten, bis die Erinnerung wieder verblasste und sich wieder der gewohnte Gleichmut einstellte, der jetzt meine dauerhafte seelische Grundstimmung darstellte.
Diesmal war aber eine diffuse Furcht dabei, weil ich einfach die Vorstellung nicht loswerden konnte, der Sir und noch einer, der genauso furchteinflößend war (vielleicht der, den ich den „schwarzen Kapuzenmann“ nannte) kämen mich holen und mein Herr würde mich ihnen geben. Genauso wie er mich ihnen entrissen hatte im Gefängnis- wer anders sollte denn sonst bestimmt haben, dass ich noch weiterleben durfte, wer sonst hätte sie an der Vollendung ihres Werkes hindern sollen? Dafür war ich dem Herrn unendlich dankbar, hatte aber trotzdem auf einmal die Befürchtung, er könne es sich wieder anders überlegt haben.
Also: ich warte in meiner Dienerinnentracht am Hoftor, wie damals.
Zu meiner grenzenlosen Erleichterung nähert sich nur so'ne angejahrte Karre, der sich die drei Kumpels meines Herrn, Bettina und Dana entwinden.
Yvonnes Herr saß mit den beiden Grazien hinten, alle drei wirkten ein wenig derangiert und erhitzt, man brachte erst einmal seine Kleider in Ordnung.
„Mensch, Karl, alter Schwerenöter, das kostet dich beim nächsten Frühschoppen aber 'ne Lokalrunde“, meint einer seiner Kumpel.
Karl lächelt geschmeichelt und verwirrt, weiß offenbar nicht so recht, was er von der ganzen Sache halten soll.
„Ey, ich mein's ernst. Das nächste Mal blechst du, und nicht zu knapp, das versprech ich dir!“ Wieder sein Kumpel.
„Echt, ey, hier auf dem Rücksitz unsere Junghühner zu schwängern, was fällt dir eigentlich ein? Du schuldest uns was, damit das klar ist“, so der andere, und er droht ihm schalkhaft mit dem Finger.
„Ich, äh...“, windet sich Karl, der eine ganz roten Kopf bekommen hat, „...die sind über mich hergefallen, eure Fickhühner, versteht ihr?“, stammelt er schließlich in einem Versuch, witzig zu sein, es ist jedoch zu erkennen, dass es die Sache mit der Lokalrunde ist, die ihm auf dem Magen liegt, „...war nicht meine Schuld, ehrlich.“Fünfzehnzehn
Dana grinst sich einen ab, während Bettina mir schon mal ein Begrüßungslächeln zukommen lässt. Beziehungsweise zukommen lassen will, denn bei meinem Anblick rutscht es ihr förmlich aus dem Gesicht. Ich biete wahrscheinlich einen jämmerlichen Anblick, so abgemagert und elend und überhaupt, wie ich jetzt halt so ausschaue. Bestimmt hat sie keine Ahnung, durch was ich zwischenzeitlich hindurch gegangen bin, möglicherweise wusste sie noch nicht mal, dass ich überhaupt weg war von meinem Herrn.
„Nein, wirklich, Herr...“,erklärt Dana gerade dem ihren, immer noch grinsend „es ist nicht seine Schuld, echt nicht. Wir sind halt böse Mädchen.....“
Zack, bekommt sie eine runtergesemmelt.
„Halt deine Schnauze. Wer hat dich denn gefragt?“
Dana senkt den Kopf.
„Ja, Herr. Verzeihung, Herr.“ Nun grinst sie nicht mehr.
Ihr Herr ist immer noch aufgebracht.
„Darüber reden wir noch, du Miststück. Du weißt schon, wo!“
„Ja, Herr. Noch mal Verzeihung Herr.“
„Und du...“, wendet sich dieser an Karl, „du zahlst, und versuch bloß nicht, dich zu drücken!“
„Nein, nein...“, murrt der, „ihr kriegt sie schon, eure Lokalrunde. das geht schon in Ordnung, is' o.k.“
Bettina bekommt auch noch eine runtergeklatscht, von dem ihren.
„Willst du etwa auch behaupten, es sei nicht seine Schuld?“ Er deutet auf Karl.
„Nein, Herr. Ich weiß nicht genau....“nuschelt sie. Dafür fängt sie noch eine.
Danas und Bettinas Herren gehen voraus, ihr Eigentum im Schlepptau. Karl, die Frohnatur, hat seinen Frust schon wieder vergessen und läuft hinterher, die beiden Knackärsche vor ihm tätschelnd. Dana kichert auch schon wieder...
Mir hat währenddessen, außer eben kurz Bettina, niemand Beachtung geschenkt, ich mache, dass ich hinterher komme. Eigentlich wäre es meine Aufgabe, vorauszulaufen, die Tür zu öffnen, aber die waren zu schnell und ich war zu sehr mit Gucken beschäftigt.
Gott, wie sehr freue ich mich, die Beiden zu sehen. Das erste Mal seit langer Zeit freue ich mich, freue mich total. Danke, Herr, danke, danke, dass Sie die Beiden eingeladen haben, denen Dana und Bettina gehören. Nur- wo ist Yvonne?
An der Eingangstür drücke ich mich flink an der gesamten Gesellschaft vorbei.
„Weg, weg...“, zischle ich meinen beiden Mitsklavinnen zu, und
„Verzeihung, Sir, Verzeihung bitte, darf ich bitte....“
Die sind nicht so etepetete, es ist ihnen egal, bereitwillig weichen sie zur Seite, so dass ich glücklich als erste die Tür öffnen, eintreten und alle mit einem Knicks begrüßen kann.
Drei Knickse insgesamt, für jeden der Herrn einen, und so tief und so elegant habe ich noch nie einen Knicks gemacht, ich schwör's Euch.
Das ist auch gut so, den mein Herr steht breit grinsend in der Eingangshalle, seine Gäste zu begrüßen.
Während sich die Männer laut lärmend unterhalten und ihrer Wiedersehensfreude Ausdruck geben, tun wir das Gleiche, nur eben so verstohlen und leise wie möglich. Ich trete hinter meine beiden Gefährtinnen, sie legen ihre Hände hinter den Rücken, ich ergreife Beider Hände gleichzeitig mit je einer Hand und drücke sie ganz fest, sie erwidern den Druck. Mein Herz klopft zum Zerspringen, hätten mir die zwei verkündet, ich wäre freigekauft worden- meine Freude hätte nicht größer sein können.
Dann tut Bettina etwas Unerwartetes und sehr Riskantes. Sie dreht sich um und umarmt mich einfach. Dana wendet sich halb zu uns, ich sehe wie ihr Atem stockt. Dann ist der Spuk auch schon vorüber und wir stehen alle drei wieder mit demütig gesenkten Häuptern da, rücken etwas auseinander, um jeden noch so leisen Verdacht von vornherein zu entkräften.
Dabei ist noch nicht mal verboten, dass Sklavinnen sich offen begrüßen, während und so wie ihre Herrschaft das tut. Weil es eben so selbstverständlich ist, dass so etwas nicht geschieht. Das wäre eben einfach zu respektlos, und Anzeichen von Vertrautheit zwischen Sklaven legt man klugerweise ohnehin nicht in aller Offenheit an den Tag, außer, wenn zweie sich verheiraten durften allenfalls oder wenn sie ein bekanntes und toleriertes lesbisches Verhältnis miteinander haben.(Homos gibt es nicht, nicht offiziell, meine ich. Das macht die Herren in der Regel eben nicht so an wie zwei Lesben. Außer, die wäre eben selber homo, die Herrschaft, meine ich. )
Ansonsten sehen Viele Vertrautheit mit ausgesprochenem Misstrauen, als ersten Schritt hin zur Sklavenrevolte, zum allgemeinen und alles hinwegfegenden Aufstand sozusagen.
Natürlich tun es viele Sklaven uns gleich, wenn sie sich mögen oder leiden können, diese verstohlenen Begrüßungen, und warten nicht erst, bis sie unter sich sind. Ein Augenzwinkern, ein Lächeln hinter dem Rücken der Herrschaft, auch solche heimlichen Händedruckaktionen, wie wir sie eben gebracht haben, sind im Prinzip gang und gebe; ja sogar so gebräuchlich, dass hinter dem Rücken zusammengelegte Hände in diesem Kontext ein klares Signal sind: „Begrüß mich!“(Obwohl die meisten Herrschaften da tatsächlich nichts davon ahnen, tun es etliche, von denen tolerieren es einige sogar aus Menschenfreundlichkeit, solange der äußere Anschein gewahrt bleibt. Sie schauen dann eben nicht so genau hin, wollen es nicht bemerken.)
Aber das, was Bettina da getan hat: „Au weia“, denke ich mir, und wundere mich selber über diese lockeren Sichtweise auf ein Fehlverhalten, dass zumindest Bettina und mich in ernsthafte Schwierigkeiten hätte bringen können. Und völlig unnötige noch dazu, mit Umarmungen kann man doch wirklich warten, bis man unter sich ist und möglichst nicht im Blickfeld einer Kamera. Das hätte doch nun weiß Gott noch Zeit gehabt!
Trotzdem- ich bin so froh, fühle mich wieder so lebendig, wie schon lange nicht mehr.
Warum? Weiß ich selber nicht so recht. Ich habe die beiden doch davor nur zu einer Gelegenheit gesehen, und die war nicht ganz unproblematisch, sagen wir mal so, aber ich habe auch bei ihnen eine Wiedersehensfreude verspürt- und; hol's der Teufel- wir drei gehören jetzt zusammen. Bettina und Dana empfinden genauso, kein Zweifel. Warum? Ja, keine Ahnung. Ich spür's einfach. Und fertig!
Aber es macht mir auch Angst. Ich spüre nämlich auch, wie die „alte Anna“ wieder um die Ecke lugt, die, die mich letztlich ins Sklavengefängnis führte, und die ich nicht verbergen konnte vor meinem Herrn. Ich kann nur hoffen, dass sie sich wieder „schlafen legt“, wenn der Besuch dann weg ist.
„Und in der Zwischenzeit“, so ermahne ich sie streng, die „alte Anna“ und damit mich selbst, „da machst du keinen Quatsch, aber auch gar keinen, kapierst du?!?“
Kapitel 118
Wir haben uns aber nicht so furchtbar viel erzählen können, ein Freizeitprogramm war diesmal nicht vorgesehen für uns, in der Küche ist ja diese Kamera, auf die ich die Beiden mit einem warnenden Kopfrecken in ihre Richtung hinwies, und auf dem Verbindungsgang zur Küche, nun, da ist zwar keine, aber da waren wir ziemlich am Flitzen und da geht es auch nur so halblaut. Es könnte ja jederzeit einer unserer Herren auftauchen, auf dem Weg zur Toilette oder um nachzuschauen, was wir so trieben. Da sollten wir besser nicht tratschend herumstehen just in diesem Moment.
Die Ohrfeigen, die sie vorhin kassiert hatten, wegen der einen flachsigen und anzüglichen Bemerkung Danas, waren Warnzeichen genug. Heute herrschte eher dicke Luft, was uns betraf, und wir waren gut beraten, wirklich auf der Hut zu sein.
Normalerweise hätten die Herren nur darüber gelacht, Dana vielleicht noch anerkennend den Arsch getätschelt oder so ein bißchen an die Titten gefasst. Schließlich wollten Sie uns doch triebhaft und ein Stück weit verdorben. „Gehorsam, aber geil“, wie seit alters her ein geflügeltes Wort über Sklavinnen lautet, unter Männern, versteht sich, aber tunlichst nicht in der Gegenwart freier Frauen (und schon gar nicht der eigenen!).
Dies ebenso schon seit alters her, aber heute mehr denn je, in diesen politisch ach so korrekten Zeiten, wo „ein Mann nur noch dann wahrhaft ein Mann sein kann, wenn er sich eine Sklavin zulegt“, wie ein eher zeitgenössisches Lamento unter Männern lautet.
Wie gesagt- aus irgendeinem unerfindlichen Grunde, der uns ja egal sein konnte, war heute „nicht viel drin“, Auspeitschungen oder Schlimmeres schwebten gewissermaßen über uns, wir drei waren uns darüber instinktiv im Klaren, ohne darüber Worte wechseln zu müssen.
Und für mich war doppelte und dreifache Vorsicht geboten, denn wo ICH herkam, da erwartete man ein perfektes Resultat und nicht irgendwelche Hintenrum- Touren schon nach kurzer Zeit wieder.
Und nach unserer Begrüßung, während der ich mich kurz so lebendig gefühlt hatte, kroch auch diese Furcht wieder in mir hoch. Außerdem, warum waren die gar so freundlich zu mir? Sollten die mich provozieren am Ende gar? War das vielleicht sogar eine Art Gehorsamstest und wenn ich ihn nicht bestand, geschah das Undenkbare- ich würde wieder zurückmüssen.
Oh Gott, wie war ich doch immer noch naiv und wäre ums Haar in mein Verderben gerannt. Hatte ich denn überhaupt nichts gelernt, von der doppelt und dreifachen Verräterin Lydia beispielsweise? Erinnert Ihr Euch noch, wie sie mal gesagt hat? Nein?
Sie sagte: „Nur ein Idiot traut irgendjemanden.“
Und ich war ja selber zur Verräterin geworden in der Sklavenschule- und traute Anderen, bloß wegen eines Händedrucks, wegen einer Umarmung.
Überhaupt- diese Umarmung: so was Übertriebendes!
Das würde die durchtriebene Bettina doch nie tun, außer wenn ihr Herr ihr es befahl: „Umarme sie. Wir wollen wissen, wie sie darauf reagiert.“ „Ja, Herr.“
Und ich törichte Gans war gerade drauf und dran, alles zu verspielen. Alles. Sogar mein Leben!
Ach nein- das war natürlich Unsinn- die zwei waren o.k., 'n bißchen prollmäßig drauf, vielleicht nicht immer so hundertprozentig feinfühlig, aber in Ordnung. Was war da eben über mich gekommen? Drehte ich jetzt durch oder was?
Das Einzige, wovor ich mich eventuell fürchten bräuchte, wäre, dass man eine von ihnen echt foltern würde, um etwas über die Sachen zu erfahren, die sich außerhalb des Gesichtsfeldes unserer Herren abgespielt hatten.
Das stand aber nicht zu erwarten, so was ist schließlich eine extreme Maßnahme, da müsste ich mich auch schon extrem dusslig verhalten, um da der Anlass dafür zu sein.
UND die Beiden waren doch ebenso gewitzt wie ich jetzt, wenn nicht noch gewitzter, weil denen der Gehorsam als „Grundmodus“ ihres gesamten Daseins so gründlich und vollständig in Fleisch und Blut übergegangen war, dass sie relativ gefahrlos eigene Gedanken, ja darüber hinaus: Gefühle hegen durften, ohne gleich Gefahr zu laufen, dass man sie ihnen anmerkte.
Ihnen war auch der kalkulierte Gehorsamsbruch absolut zur Routine geworden, das sah ich jetzt ganz klar, sie hatten einen untrüglichen Instinkt dafür entwickelt, welche und wie sie Risiken eingehen konnten, ohne gleich aufzufliegen. Die waren keine Zombies und willenlose Befehlsempfänger, das habe ich schon mal geschrieben.
Nein, korrigierte ich mich, so gewitzt wie Dana und Bettina war ich noch lange nicht, ich war jetzt, was ja auch meinem eigenen Schutz diente, freilich besser abgerichtet als früher, viel besser, hatte meine Sehnsucht nach Freiheit so tief in mir vergraben, dass ich sie selbst kaum noch erahnte- ganz wesentlich für eine Sklavin, die nicht ständig ihrem Herrn Grund zu allerhand hässlichen Mutmaßungen geben will. Ich konnte nun die meiste Zeit gewissermaßen auf Autopilot laufen, einzig ausgerichtet am Willen meines Gebieters, aber im notwendigen Umgang mit dem ganz tief drinnen dennoch und unausrottbar vorhandenem eigenen „Ich“ waren die Beiden mir noch weit, weit voraus.
„Bild dir bloß keine Schwachheiten ein!“, rief ich mich selber zur Ordnung.
Aber all diese Gedanken, all diese Überlegungen, das war wieder ganz die „alte Anna“ in Reinkultur, in ihrer schönsten Blüte gewissermaßen.
„Au weia“, so schoss es mir schon zum zweiten Mal innerhalb kurzer Zeit durch den Kopf.
Ich schleppte gerade ein Tablett voll benutzten Geschirrs in Richtung Küche (Bettina war draußen zum Bedienen), als mir Dana entgegenkam, so einen Einkaufskorb aus Bast mühselig vor sich hertragend, denn er war bis zum Bersten gefüllt mit Bierflaschen aus dem Kühlschrank.
Sie setzte ihn kurz ab, auch ich blieb stehen. Keine Gefahr jetzt, die Herren hatten gerade damit begonnen, einen Skat zu klopfen, da stand keiner ohne Not auf, also bevor ihm praktisch die Blase platzte. Da hatte doch ein jeder viel zu viel Angst, dass man ihm in die die Karten spickelte zwischenzeitlich.
„Hey, Anna. Wie geht’s? Siehst scheiße aus. Wie'n Strich in der Landschaft. Zum Abrichten gewesen? Sklavenschule?“
„Ja. Und Gefängnis.“
Dana wurde blass und ich sah, wie sie um Fassung rang.
„Echt, Anna? Wirklich, kein Scheiß?“
„Nee. Aber im Gefängnis war ich nur kurz.“
„Sonst wärst du auch nicht mehr am Leben.“
„Genau!“
Wir schauten uns eine zeitlang nur an, wortlos. Dana hatte immer noch nicht vollständig zu ihrer natürlichen Gesichtsfarbe zurückgefunden, wie mir auffiel.
„Du, Anna...“
„Ja....“
„Wir wussten, dass du weg warst. Aber nicht, ob du verkaufst bist oder was. Wir freuen uns aber, dass es dich noch gibt, dich dummen Dussel...“ Sie lächelte.
„Ja,...darf.....darf ich Eure Freundin sein?“ Das platzte einfach so aus mir heraus. Da hatte ich vorher nicht darüber nachgedacht. Echt nicht.
„Is' o.k. Hand drauf gibt’s später, wenn du kein Tablett mehr trägst.“
„In Ordnung.“
.......
„O.k., eins noch, Anna. Ab jetzt kein Gequatsche mehr, keine Blicke in unsere Richtung, nichts. Bettina sag ich dann später Bescheid, dass wir jetzt zusammenhalten. Dein Herr beobachtet dich, und unsere sollen das auch tun, hat er zu ihnen gesagt. Alles klar, Anna?“
„Ja“
„Gut“
Sie wollte schon weiterlaufen, als mir noch was einfiel.
„Du, Dana....“
„Ich muss weiter!“, mit Ungeduld in der Stimme. „Was ist denn noch?“
„Yvonne. Was ist mit der? Auch zum Abrichten?“
Dana blies eine nach unten baumelnde freche Haarlocke aus ihrem Auge.
„Nee, verkauft. Wurde zu vorlaut. Sieh zu, Anna, dass dir nicht das Gleiche passiert, o.k.“
„Ja, gut, ich halt schon die Schnauze. Trotzdem scheiße, das mit Yvonne.“
„Hast recht. Aber was können wir schon tun? Sei wenigstens du schlauer.“
„O.k., o.k..!“
Na ja, mehr lässt sich eigentlich kaum berichten über jenen Abend.
Klar, die Abendunterhaltung bildeten wir. Jede bekam drei Schwänze unten rein, Karl war mal wieder zu besoffen dafür.
Ich stellte fest, dass alles einwandfrei verheilt war bei mir.
Ich würde also eine Sexsklavin bleiben können.
Gottseidank!
Kapitel 119
Die nächste Zeit brachte zwei große Aufregungen für mich.
Also nicht, dass ich jetzt übermütig geworden wäre. Ganz im Gegenteil: war ich bisher unterwürfig gewesen und gehorsam bis zum Abwinken, entwickelte ich nun eine Art von Servilität, die ich früher nie über mich gebracht hätte. Nie, ich schwör's Euch.
Was immer der Herr für eine Laune hatte (und es kamen auch seine sadistischen Anwandlungen wieder, die Reit- und auch die Hundepeitsche wurde meine ständige Begleiterinnen), ich fügte mich still und lächelnd.
Jawohl: lächelnd: egal wie sehr er mich verdrosch, mir die Arme verdrehte, ja mich vergewaltigte und sonstwas- immer lächelte ich, immer gehorchte ich, nahm jedes Arbeitspensum klaglos auf mich (na, das früher ja auch schon; aber ohne Widerwillen, ohne inneres Aufbegehren, meine ich), also ich glaube, Ihr versteht, was ich damit sagen will.
Innerlich war ich wie tot, wenn ich mit dem Herrn alleine war (und auch, wenn ich für mich war, weil der Herr weg war, zur Arbeit- willenlos robotete ich- ohne Schmerz, ohne Hoffnung, ohne Träume)
Ich taute nur auf, wenn ich Bettina und Dana wiedersehen durfte, wenn ihre Herren den meinen besuchten, dann spürte ich das Belebende unserer neuen Verbundenheit, die sich in kaum merklichen Gesten, in hingeworfenen halblauten Sätzen äußerte, wenn wir uns im Gang zwischen Küche und Wohnzimmer begegneten.
Ich ging davon aus, dass ich weiter unter Beobachtung stand, und Dana und Bettina taten das wohl auch und zogen daraus die gleichen Konsequenzen wie ich. Das geschah im stillschweigenden Einverständnis, nur Dana wisperte mir mal zu: „Kluges Mädchen!“
Dann, während eines Besuches, irgendwann später (das Zeitgefühl begann mir immer mehr abhanden zu kommen, und ohne die Micky- Maus- Uhr wäre ich verloren gewesen. Die, die mir meine Mutter mal zu Weihnachten geschenkt hatte und die ich aus unerfindlichen Gründen als einziges Bindeglied zu meinem früheren Leben behalten durfte- sonst war alles weg, fast meine ganzen Klamotten, fast alles- verkauft oder verschenkt durch den Herrn, was weiß ich, während ich nicht da war, jedenfalls), da geschah etwas, was mein ganzes Leben, oder wenigstens meinen gesamten Gefühlshaushalt auf den Kopf stellte.
Die Freunde meines Herren waren mal wieder zu Besuch gekommen, es war ein langer Abend gewesen, und meine Uhr verriet mir, dass es bereits zwei Uhr in der Früh war.
Alles musste noch aufgeräumt werden, alles, aufgeräumt und saubergemacht, und ich war, gelinde gesagt, verzweifelt. Bald käme mein Einschluss, und vorher war noch das Chaos so weit zu beseitigen, dass es dem Herrn in der Frühe nicht gleich als solches ins Auge sprang. Also wenigstens alle Gläser und leeren Flaschen weg, die Tische nass abgeputzt.
Normalerweise hätten wir es nie dazu kommen lassen, Dana, Bettina und ich, dazu waren wir zwischenzeitlich viel zu sehr ein eingespieltes Team. Nur- Dana und Bettina mussten für Sex zur Verfügung stehen die letzten anderthalb Stunden, ihre Herren und auch meiner fickten sie abwechselnd, auf dem Wohnzimmertisch, dem Boden, der Couch. Zwischendurch Kuscheln und „Durchknutschen“. Sie waren mit Feuereifer bei der Sache, erfüllten sämtlich Wünsche der Herren zu deren Zufriedenheit.
So lastete alles auf mir. Ich bediente lächelnd, brachte jedem das Gewünschte, sah sogar eine ganze Weile darüber hinweg, dass meine beiden Freundinnen, die sich in den Pausen an den jeweiligen Herren schmiegten, zufrieden wie satte Katzen, anfingen, mich herumzukommandieren:
„Anna, bring mir ein Mineralwasser, los!“
Das passte mir gar nicht. Klar, die mussten parieren, und waren darauf gedrillt, auf Kommando guten Sex zu bieten, wie ich auch, und das geht nun mal nicht ohne innere Beteiligung- und dieses gelöste Gefühl schläfrigen Wohlbefindens nach einem Fick kannte ich nur allzugut; und dass man sich dann eins fühlt mit seinem Herrn oder wer einen gerade gefickt hat- aber dieser Ton mir gegenüber, der ging mir so langsam entschieden gegen den Strich. Ich meine, es war ein langer, arbeitsreicher Tag gewesen, ich fühlte mich total müde und erschöpft.
Und zu Mittag, da hatte mir mein Herr mit der Hundepeitsche auch noch mitten ins Gesicht geschlagen, einfach so. Weil ihm irgendwas an seinem Mittagessen nicht passte.
Ich trug eine feuerrote Strieme quer über die eine Wange und die brannte und brannte....
„Herr, darf ich bitte ein Glas Wein trinken?“ (Dana zu meinem Herrn, mit dem sie eben noch wild zugange gewesen war, ganz die perfekte Sexsklavin)
„Von mir aus....“
„Anna, ein Glas Rotwein! Mach schon!“
Ich brachte ihr, wonach sie begehrte, aber ohne Lächeln, stellte das Glas abrupt vor sie auf den Tisch, so heftig, dass etwas von seinem Inhalt überschwappte: „Da!“
Noch überwog in mir der Zorn, aber mich beschlich schon so'n mulmiges Gefühl.
Das verstärkte sich noch, als mich mein Herr finster anstarrte.
„Ver..., Verzeihung, bitte“, stotterte ich, „ich... ich mach's gleich weg, bitte, bitte, ich bitte nochmal um Verzeihung...“
Der Herr, er war betrunken, versteht Ihr, bedachte eine, zu ihrer Ehrenrettung sei's gesagt, schlagartig sehr schuldbewusste Dana mit einem kräftigen Faustschlag ins Gesicht, weil sie es doch tatsächlich wagte, noch zu meinen Gunsten zu intervenieren.
„Bitte, Herr....“, sie klammerte sich an ihn und versuchte, ihn solchermaßen am Aufstehen zu hindern, „bitte, es ist doch alles meine Schuld....“
Weiter kam sie nicht, denn mein Herr riss sich los von ihr und donnerte ihr, wie gesagt, die Faust mitten ins Gesicht. Da saß sie nun, etwas benommen, auf ihrem Allerwertesten, und blutete aus der Nase.
„Hee...“, protestierte ihr Besitzer, „das kannst du doch nicht machen. Ich vergreife mich doch auch nicht an deinem Eigentum!“
Dies brachte meinen Herrn wieder etwas zur Besinnung.
„Tut mir leid. Es war ein Fehler, den ich einsehe. Ehrlich! Aber du hast doch selbst gesehen, was sie versucht hat.“
„Ja, schon....“
„Weißt du was? Übernimm DU Annas Bestrafung. Dann sind wir quitt!“
„Hmm. Von mir aus. Sie ist sowieso schuld an allem. Interessiert mich übrigens, warum du dieses selten renitente Miststück nicht einfach verkaufst. Unglaublich, was die sich noch leistet, nach all den Unsummen, die du in sie investiert hast.“
„Das mach ich vielleicht auch noch, die kriegst du doch nicht richtig zahm, die Illusion habe ich auch so langsam aufgegeben.
Und dieser Satz war es, der mich in einen Abgrund an Hoffnungslosigkeit stürzte.
Er hatte ja recht. Ich war eine miserable Sklavin. Wie hatte mich mich nur so gehen lassen können? Ich verstand mich selbst nicht mehr.
Wohin würde er mich verkaufen? An wen? Ach Gott- Monate des Gehorsams; und dann machte ich mir selber alles kaputt. Alles!
Ein Moment des Kontrollverlustes im Zustand der Übermüdung- und ein Blinder hätte sehen können, dass bei mir alles für die Katz war, und ich eigentlich nur noch dafür taugte, an irgendeinen Sadisten verkauft zu werden, damit er mich zu Tode quälte; oder an ein medizinisches Forschungsinstitut für Experimente. Solche Dinge geschahen, obgleich sie nicht völlig legal waren, jeder wusste das.
Oder man stellte mich vor Gericht und verurteilte mich zu einem Tod im Gefängnis- ganz offiziell. Und dort warteten schon der Sir auf mich und seine kranken Helfer, und dort würde sich die Hölle für mich auftun und ich war auch noch selber schuld daran. Ich, nur ich, und niemand Anderes!
Die anschließende Auspeitschung im Strafkeller zählte zum Übelsten, was ich jemals erlebt hatte, und in die Richtung war ich ja so einiges gewohnt, das dürfte aus dem, was ich bisher zu Papier gebracht habe, ziemlich eindeutig hervorgehen.
Es gab wohl kaum ein Schlaginstrument im Keller meines Herrn, dessen sich Danas Herr nicht bediente, und er drosch auf mich ein wie ein Geisteskranker.
Mein Herr fesselte mich noch nackt an den Bock, meine Kleider fein säuberlich zusammengefaltet in einem Häufchen auf dem Boden, dann ließ er mich alleine mit Danas Herr. Der schloss die Tür, griff sich als erstes den Rohrstock. Ließ ihn prüfend ein paar Mal durch die Luft sausen.
Und begann.
Es dauerte und dauerte und ein paar mal verlor ich auch kurz das Bewusstsein....
Wenigstens nutzen Dana und Bettina die Zeit, alles piccobello aufzuräumen und sauberzumachen.
Ich hätte hinterher nicht mehr die Kraft dazu gehabt, nach dieser Tortur, alles tat mir weh, und ich blutete auch etwas.
Aber was am Schlimmsten war, das war die Ungewissheit.
Was würde nur aus mir werden? Was?
Kapitel 120
Ich sitze in eine Decke gehüllt auf dem Sofa im Wohnzimmer, keine Ahnung, wie ich dort hin gekommen bin. Filmriß.
Ich friere und gleichzeitig ist mir heiß. Meine Zähne klappern und ich habe Probleme damit, Dinge zu fokussieren, sehe alles nur verschwommen. Ich habe starke Schmerzen. Es tat und tut weh, so weh.
Ich bin mit Dana und Bettina alleine im Raum, na ja, fast alleine- Karl liegt laut schnarchend in einem Sessel, völlig besoffen- wie immer.
Aus der Küche höre ich undeutlich die Stimmen unserer restlichen Herren. Die Kühlschranktür klappt ein paar mal, sie greifen sich wohl noch ein paar Abschiedsbiere. Alles, was ich verstehen kann, ist ein etwas lauteres: „Der hab' ich's aber gegeben!“ von Danas Herr, der Rest geht unter in Gelächter.
„Dana....?“ Bettina spricht, deutet auf Karl. Unnötig zu erwähnen, dass ihre Stimme kaum an der Hörbarkeitsschwelle liegt.
Dana schüttelt schnippisch lächelnd den Kopf, bläst sich wieder von unten herauf aus dem Mundwinkel diese widerspenstige Haarlocke aus dem Auge, eine Geste, die typisch für sie zu sein scheint.
„Der ist hinüber. Mach dir keine Sorgen.“
„O.k.“
......
„Was meinst du, Dana? Können wir ihr wirklich trauen?“ Diesmal weist ihr Zeigefinger in meine Richtung.
„Ja, Anna, wie sieht's aus? Können wir dir trauen?“ Dana.
Ich räuspere mich, versuche ebenso leise zu sprechen wie sie, was nicht ganz einfach ist, droht mir doch die Stimme immer wieder wegzukippen.
„Nur ein Idiot vertraut irgendjemanden“, zitiere ich Lydia.
Dana und Bettina grinsen sich an.
„Ich glaube, sie blickt recht gut durch inzwischen, unser kleines Anna- Schätzchen. Oder, Dana?“
„Tät sagen, es sieht ganz danach aus.“
Sie nähern sich in Wildwest- Manier dem Sofa, so mit wiegenden Schritten, wie früher die Cowboys vor einem Pistolenduell. Auf beider Gesicht hat sich ein spöttisches Grinsen breit gemacht.
Sie lassen sich links und rechts von mir auf das Sofa gleiten.
„Sagst du's ihr oder soll ich es tun, Dana?“
„Tu's du.“
„O.k.“
Bettina beugt sich zu meinem Ohr und flüstert.
„Wir haben eine Überraschung für dich, Anna! Wenn du sie willst, uns dann aber verrätst, überlebst du es nicht. Selbst wenn sie uns holen, dann kommen andere und holen dich, kapiert?“
Ich weiß nicht, wovon sie reden, möchte eigentlich auch in nichts hineingezogen werden, was mich in' s Sklavengefängnis bringen könnte. Ich müsste ihnen jetzt sagen, dass ich nicht interessiert bin, sie die Fresse halten sollen...
„Also...“, wieder Bettina in mein Ohr, „hast du es dir überlegt, willst du es wissen? Noch kannst du „nein“ sagen und all das hier vergessen. Du hast aber nur hier und heute diese Chance....“
Eine große Ruhe zieht ein in mich, ich kann wieder völlig klar denken.
„Sagt, was ihr zu sagen habt. Ich habe zwar schon welche verraten, in der Sklavenschule, aber ich werde es nicht wieder tun“, verspreche ich wispernd.
„Das ist uns klar, Anna. Beides, meine ich. Dass du welche verraten hast und dass du es bei uns nicht tun wirst. Missversteh uns nicht: Wir machen dir keine Vorwürfe. Überleg mal, wie wir bisher überlebt haben“. Bettina blickt mir in die Augen, lächelnd. Unschuldsvoll und süßlich, wie damals, als ich die Beiden zum ersten Mal in meinem Leben erblickte.
Sie beugt sich wieder an mein Ohr, flüstert weiter. „Wir sind nicht so alleine, wie du vielleicht glaubst, Anna. Wir werden dir etwas geben. Es liegt hinter dem Steinhaufen rechts von eurem Hoftor. Es ist in einer Plastiktüte. Nun, da du alles weißt, hast du keine andere Wahl mehr, als unser Geschenk anzunehmen. Neun sieben drei zwo. Merk dir diese Nummer.“
O.k. Neun minus zwei ist sieben, die zwei an den Schluss, die nächsthöhere, die drei, davor. Neun sieben drei zwo.
„Sag die Zahl!“
„Neun sieben drei zwo.“
„Gut! Vergiss sie nicht.“
„Nein.“
Ich weiß gar nichts, was soll all das verwirrende Gerede? Wollen die Beiden damit andeuten, sie gehören zur Anti- Sklaverei- Liga? Dass es die wirklich gibt? Dass sie da dazugehören? Aber ich ahne, dass ich nun unwiderruflich in etwas hineingeraten bin, aus dem ich nicht mehr hinauskommen werde.
„Die Liga...“, meine ich, mehr zu mir selbst. Mir ist ganz blümerant zumute.
„Vergiss die Liga, Anna. Es gibt sie nicht. Wenn es sie gäbe, gäbe es sie nicht lange, ja? Kapierst du das? Und glaube bloß nicht, das du jemals frei sein wirst. Es wird unter Garantie kein Prinz auf einem weißen Schimmel angeritten kommen und dich zu seiner Prinzessin machen, o.k.?“
Ich muss an die Worte unseres Geschichtslehrers denken. Wie er uns erklärt hat, dass der allgemeine Wohlstand auf der Welt, der, „wie schon Voltaire so zutreffend bemerkte: auf der Ausbeutung der Sklaven“ beruhe, nur so existieren könne, „wie die Welt nun mal beschaffen ist und keinesfalls anderweitig.“
Ich höre ihn noch rezitieren: „Ohne das durch die Zeit geadelte uralte System der Sklaverei gäbe es keinen allgemeinen Wohlstand auf dieser Erde und Freiheit für die große Mehrheit, Kinder, ALLE Menschen würden ausgebeutet und unterlägen dem erbarmungslosen Zwang zur Profitmaximierung. Ganze Kontinente würden im Elend leben ohne diese einfache und geniale Methode der Wertschöpfung durch menschliche Arbeit. Das ist immer wieder durchgerechnet worden und darf als wissenschaftlich erwiesen angesehen werden.“
Dann kam seine altbekannte Schlußsentenz: „Es ist eine heilige Pflicht, die die Sklaven für uns erfüllen, aber...“, Seitenblick auf mich, „...nur die Sklaverei ist heilig, nicht der einzelne Sklave oder die einzelne Sklavin. Auch nicht die Anna, und wenn ihr sie oft genug so behandelt, als wäre sie es.“
Die Lehrer hatten natürlich auch längst gemerkt, welch herausgehobene Position ich unter meinen Mitschülern innehatte, und nicht allen war es recht. Aber- richtig dagegen gemacht haben sie auch nichts.
Seltsam- dass ich nach so langer Zeit jetzt wieder daran denken muss. Ach ja- dieser Geschichtslehrer war nämlich einer der wenigen Erwachsenen, der durchblicken ließ, dass er die Existenz der Liga für möglich hielt. Im Lehrplan stand jedoch nichts dergleichen, also beließ er es bei einer kurzen Verdammnis dieser „durch und durch verbrecherisch dummen Ideologie, die leider seit Spartakus immer noch in den Köpfen manch irregeleiteter Idealisten herumspukt.“ Das konnte man natürlich so oder so interpretieren. Also dass diese Leute, jeder für sich, an ein Phantom glauben. Oder aber, dass sich eine unbekannte Anzahl Spinner bis heute im Untergrund organisiert hat.
Na ja- ich habe mein „Geschenk“ am nächsten Tag abgeholt, sobald das sicher war. Es war gut verborgen hinter ein paar so großen Steinen rechts vom Hoftor, die da wie zufällig etwas näher beieinander lagen.
Es war ein Handy!
Kapitel 121
Also, wer jetzt glaubt, dass nun ein spannender Spionagethriller folgt, mit lauter Geheimagenten, riskanten Aktionen, Zorro und den Musketieren, oder dass sich gar doch ein Prinz die Mühe gemacht hätte, seinen Schimmel zu satteln, um mich, die Anna, zu erretten, den muss ich enttäuschen.
Natürlich geschah nichts von alledem- also nicht, dass ich damit gerechnet hätte.
Die große Veränderung ereignete sich in meinem Inneren- ich war nun überzeugt davon, dass die Liga tatsächlich existierte, und ich zu einem kleinen Teil davon geworden war.
Es ist trotzdem nicht so, dass ich nicht immer wieder den Impuls verspürte, das Handy zu beseitigen, denn, und darin muss ich einen Punkt des eingangs Gesagten revidieren, es bedeutete natürlich eine ständiges Risiko für mich. Eine wahnsinnige Gefahr.
Aber: ich war jetzt dabei.
Was mich wirklich erstaunte, war, dass Bettina und Dana es gewesen waren, die mich da reinzogen. Ich hätte es ihnen nie und nimmer zugetraut, dass sie an irgendeiner Form organisierten Widerstands beteiligt sein könnten, wie sehr am Rande auch immer.
Ich hielt sie für bauernschlaue und durchaus berechnende Sklavinnen, aber ansonsten für unfähig, den Kopf auch nur einen Zentimeter über den Rand ihres Alltagshorizontes zu erheben.
So kann man sich täuschen. Aber vielleicht- so sagte ich mir später- liegt das Erfolgsrezept dieses Widerstandes über so viele Generationen ja gerade darin, dass er sich derer bedient, von denen man es am wenigsten erwartet.
Meine Güte, die Beiden waren ja wahrscheinlich sogar Analphabetinnen, und auch ich stellte ja nun, wenn auch aus anderen Gründen, nicht gerade eine plausible Kandidatin für eine Mitgliedschaft in der Liga dar.
Ich leugne nicht, dass mir das Bewusstsein, nun dazuzugehören, unheimlichen Auftrieb gab. Meine Hoffnungslosigkeit war wie hinweggewischt, alles, mein ganzes Leben, hatte plötzlich wieder einen Sinn.
Äußerlich änderte sich gar nichts. Ich führte weiterhin eine total geknechtetes Dasein, nun, wo ich mich sorgsam bemühte, unter keinen Umständen das Misstrauen meines Herrn zu erregen, sogar mehr denn je. Und ich machte mir auch keine Illusionen, dass sich das für mich jemals ändern würde. Ich glaubte nicht an die Revolte. Nicht zu meinen Lebzeiten.
Dennoch- dieses Handy machte den Riesenunterschied zwischen Hoffnungslosigkeit und Hoffnung. Mein Leben, ich sag's noch mal, hatte wieder einen Sinn.
Ich konnte wieder denken- ich hätte sogar wieder Schachspielen gekonnt. Das spürte ich ich.
Dennoch- ohne den betrunken hingeworfenen Satz meines Herrn, dass er mich möglicherweise verkaufen wollte, hätte ich mich auf all das wahrscheinlich gar nicht eingelassen. Aber der versetzte mich an jenem Abend halt in einen Zustand von: „Alles ist verloren. Jetzt macht das auch keinen Unterschied mehr“. (Später, recht bald sogar, sah ich ihn dann wieder mit mehr Gelassenheit, und es gab ja auch erst mal keine Anzeichen dafür, dass mein Verkauf demnächst anstünde.)
Wie ich überhaupt darauf komme, dass da echt was dahinter steckte, und es nicht nur eine Kinderei a la Giselle war? (An die erinnert Ihr Euch doch sicher noch- dieses naive Mädchen, das glaubte, eine „Ein- Mann- (bzw. Mädchen-) Antisklaverei- Liga“ aufziehen zu können.)
Nun: zuerst einmal hätten sich weder Dana noch Bettina auf so eine eingelassen. Die waren doch nicht so bescheuert wie ich damals.
Und zweitens war alles so professionell gemacht, dass es mich überzeugte. Die Ziffer, die ich mir merken sollte, die neun sieben drei zwo, das war natürlich die PIN. Ohne die bekommt man ja bekanntlich kein Handy an.
Noch in der folgenden Nacht, eingeschlossen in meinem Zimmer, und nach langem Lauschen an der Tür, ob nicht doch etwa mein Herr käme, mich zu benutzen, schaltete ich das Ding ein.
Mein Herz klopfte zum Zerspringen, und mir war, als bräche jede Sekunde der Sir durch die Tür, um mich ins Sklavengefängnis zu verschleppen, und zwar diesmal endgültig.
Stumm, ohne so eine Firlefanz- Melodie, wie ich insgeheim befürchtet hatte, ging es an, das Display warf einen bläulichen Schimmer. Ich wurde zur Eingabe der PIN aufgefordert.
Ich tat es.
Netzsuche. Dann der Name des Providers, Batterie voll geladen, Empfangsqualität sehr gut.
Mama. Nun würde ich Mama anrufen können. Nicht jetzt, in der Nacht, aber gleich morgen.
In der linken unteren Ecke blinkte hektisch ein kleines Symbol, so ein stilisierter kleiner Brief.
Der Nachrichteneingang.
Ich öffnete ihn.
„Zwei neue Nachrichten“
Ich öffnete die erste.
Hallo
benutze dieses Handy nur für unsere Zwecke. Wenn Du jemand anderen anrufst, oder eine SMS schreibst, gefährdet das die Sicherheit aller, auch die der betreffenden Person. Also tue es nicht!
Es ist ein gestohlenes Gerät, es hat eine Prepaid- Karte.
Ladegerät gibt es aus gutem Grund nicht, weil man es während des Aufladens schlecht verstecken kann. Zu gefährlich. Wir wechseln die Handys und ihre Bediener ohnehin regelmäßig.
Du wirst nur eine zeitlang für uns arbeiten, aber wir möchten Dir für Deine Bereitschaft und Deinen ungewöhnlichen Mut danken!
Checke den Posteingang wenn möglich täglich. Aber nur wenn möglich. Deine eigene Sicherheit genießt höchste Priorität. Denke immer daran, dass Du in großer Gefahr schwebst, vor allen Dingen, wenn Du ein Sklave bist.
Du wirst Botschaften erhalten, die Dir unverständlich sind. Und eine Telefonnummer, an die Du sie unkommentiert weiterleitest. Am besten per SMS.
Lösche danach jeweils ALLES. Ohne Verzögerung. SOFORT.
Schreibe die PIN nie auf. NIE.
Halte das Gerät immer nur so kurz wie möglich eingeschaltet.
Wenn Du verstanden hast, dann lösche auch diese Botschaft.
VERSUCHE NIE, MIT UNS IN KONTAKT ZU TRETEN. Wir können Dir sowieso nicht helfen.
ALLES GUTE! Lies nun die zweite Botschaft.
Die zweite Botschaft enthielt eine ausführliche Bedienungsanleitung des Geräts, also wie man telefoniert, eine SMS verschickt und vor allen Dingen, wie man sämtliche Verzeichnisse öffnen kann, um alle verräterischen Spuren zu beseitigen.
Sie enthielt auch noch mal das strikte Verbot, es zu irgendwelchen anderen Anrufen zu nutzen.
Das kam mir sehr hart vor, aber ich verstand natürlich.
Wenn man mich erwischte, käme ich ins Sklavengefängnis und würde gefoltert. Und alle, denen man irgendwie nachweisen konnte, dass sie von diesem Gerät aus kontaktiert worden waren, auch. Also zumindest, wenn es Sklaven waren oder Sklaven, die einem Kontaktierten gehörten. Das stand ja wohl fest.
Das war das, was man in den Detektivgeschichten „Konspiration“ nannte. Die Kommunikationskette sollte nicht direkt sein.
Der Mittelsmann sollte nichts wissen und die Botschaften selber nicht verstehen.
Sie lauteten denn auch:
Der Hund ist gestorben.
Oder:
Die Veilchen gedeihen prächtig.
So Zeug halt. Manchmal auch längere Botschaften in diesem Stil. Nie irgendwelche Zahlenreihen oder Buchstabensalat. Nur Dinge, die man sich gut merken kann. Und nicht erst abschreiben muss, bevor man sie weiterleitet.
Das habe ich immer getreulich getan, und alles immer so genau gemacht, wie „sie“ es angeordnet hatten. So lange, bis ich die Aufforderung erhielt, das Handy „zurückzugeben“ an die Person(en), von der/ denen ich es erhalten hätte.
Da habe ich es vor dem nächsten Besuch der Kumpel meines Herrn wieder hinter den Steinhaufen gelegt, und am nächsten Tag, als ich nachschauen ging, da war es weg.
Ich war unendlich erleichtert, und gleichzeitig sehr traurig darüber.
Aber es diente meinem Schutz- und dem der Organisation. Das war mir klar.
Mama habe ich nie versucht, anzurufen.
Kapitel 122
Ich hatte keine Zeit, lange über den Wahnsinn nachzudenken, auf den ich da eingelassen hatte. (Ich wusste nur gewiss: ich wäre kein zweites Mal dazu bereit gewesen, dazu fühlte ich mich denn doch viel zu sehr wie der Reiter über den Bodensee.)
Zuviel Arbeit. Zuviele Prügel aus den nichtigsten Anlässen.
Ich war gehorsam bis zum Abwinken und am Dauerlächeln, wann immer ich meines Herrn auch nur ansichtig wurde, aber um es ihm wirklich in jeder Hinsicht recht zu machen, dazu hätte ich eine Gedankenleserin sein müssen. Oder über die Gabe des Hellsehens verfügen.
Das tat ich aber leider nicht, und da sich die Grausamkeit meines Herrn eher noch steigerte, egal, wie sehr ich mir Mühe gab, nur ja seinen Zorn nicht zu erregen, hatte ich oft Grund, dies ehrlich zu bedauern und mit Gott zu hadern. Warum hatte er mir nicht wenigstens eine dieser beiden Fähigkeiten mitgegeben in mein Dasein als Sklavin?
„I live my life in misery...“, diese Zeile aus einem Blues kam mir immer wieder in den Sinn, und ihr glaubt gar nicht, wie oft ich geweint habe, wenn der Herr nicht da war.
Mama hatte zwar immer gesagt: „Man soll sich nicht selber leid tun, Anna, das ist eine schlechte Angewohnheit“- aber ich hatte doch sonst niemandem, dem ich leid getan hätte. Also dem Herrn bestimmt nicht. Ich glaube, der sah mich nicht mal mehr als ein menschliches Wesen an. So, wie er mich ständig schlug und strafte.
Und er beließ es keineswegs bei diesen Ohrfeigen, die mir so weh taten, oder der Reit- bzw. der Hundepeitsche, die nicht minder schmerzten. Nein, er führte sein Strafbuch mit unerbittlicher Strenge und Akribie, und immer wieder ging es in den Keller, und dort wurde ich richtig verprügelt, nach Strich und Faden, es war wirklich schlimm. So schlimm, ich sage Euch!
So ging die Zeit dahin und ich nahm wahr, wie der Winter hereinbrach und seine Herrschaft antrat, nur um dann wieder seinen Platz an das Frühjahr abzutreten, und es freute mich, als wieder überall das Grün hervorlugte.
Nicht, dass ich oft hinausgekommen wäre.
Aber vor dem Küchenfenster, da war ein Busch, und ich sah, wie der Schnee sich auf seine kahlen Äste legte und dann wieder schmolz. Und es schneite von neuem, und es taute wieder, und das ein paar Mal, und dann wurde der geschmolzene Schnee auf den Ästen dieses Busches nicht mehr durch neuen ersetzt. Und ich beobachtete jeden Tag, wie seine Knospen größer wurden und irgendwann über Nacht die ersten zarten Spitzen hervorlugten, die sich schließlich entrollten zu so kleinen Blättchen. Ganz hellgrün waren die.
Das zu beobachten, und gelegentlich Dana und Bettina wiederzusehen natürlich, das hielt mich aufrecht.
Weil an meiner Misere änderte sich nichts und ich rechnete auch nicht mehr damit, dass es das jemals tun würde.
Dann, eines Abends, als ich das Abendessen servierte, da läutete das Telefon.
Ich war unschlüssig. Das Telefon stand auf einer Anrichte im Flur (Ihr könnt Euch denken, dass es durch einen Einzelverbindungsnachweis gesichert war gegen unberechtigte Benutzung, also durch mich), es war so ein schnurloses, das aber die meiste Zeit auf der Basisstation war, so auch jetzt.
Sollte ich es ihm bringen? Dazu hätte ich ihn fragen müssen, das ging aber seit einer Rückkehr nicht ohne vorherige Sprecherlaubnis, die mir heute noch nicht erteilt worden war.
„Mach schon, du faules Stück, bring mir endlich das Telefon!“
„Ja, Herr, sofort. Verzeihung, Herr!“ (Sowas in diese Richtung durfte ich immerhin noch sagen, aber sonst nichts mehr. Außer eben, ich bekam Sprecherlaubnis, was aber nur noch selten der Fall war.)
Mit zitternden Händen legte ich das Vorlegebesteck, ich war gerade beim Tranchieren eines kalten Braten, vorsichtig auf die metallene Bratenplatte. Verwünschte im Stillen mein Missgeschick, weil mir das nicht ohne leises Klirren gelang.
Ich brachte meinem Herren das klingelnde Telefon; um die Hundepeitsche, die ja nun im Anschluss an das Telefonat sicher fällig war, brauchte ich mich nicht zu kümmern. Die hatte er jetzt seit geraumer Zeit immer in Reichweite (sie verfügte über so eine praktische Schlaufe oben am Griff, hing also bereits über der Lehne seines Stuhles)- und er brauchte nur nach ihr zu greifen, da schob ich schon den Schlüpfer nach unten in die Kniekehlen, nestelte meinen Rock nach oben und beugte mich vornüber, das blanke Gesäß nach oben gereckt. Ich wartete gar nicht mehr auf das: „Rock hoch, du Trampel!“ (oder was er sonst so sagte).
Er riss mir das Telefon aus der Hand, meldete sich unwirsch. Immerhin hatte man ihn beim Essen gestört.
Jemand sprach am anderen Ende der Leitung, natürlich konnte ich nichts verstehen, bekam von dem Gespräch nur mit, was der Herr sagte.
„..........“
„Wer sind Sie, kennen wir uns?“
„..................................................................................“
„Ach so! Wir sind uns also nicht persönlich begegnet. Aber ich erinnere mich natürlich. Verstehe.“
Der Herr machte mir ein unmissverständliches Zeichen, dass ich verschwinden sollte. Das tat ich natürlich auch, und zwar wie der Blitz.
Hoffentlich hatte ich durch mein Verweilen im Raum nicht noch weitere glühende Kohlen auf mein Haupt gesammelt.
Obwohl- eigentlich war es ihm egal, wenn ich bei irgendwelchen seiner Telefonate in seiner Nähe zu tun hatte, ich glaube, er verdächtigte mich des Mithörens genauso wenig, wie er das bei einer Zimmerpflanze getan hätte.
Nur- diesmal war das offenbar anders: er wollte mich nicht dabei haben, und wenn ich es auch nur geahnt hätte, hätte ich natürlich gleich gemacht, dass ich weg kam.
Wie gesagt, hellseherische Fähigkeiten wären mir durchaus von Nutzen gewesen!
Kapitel 123
Ich wartete vor der Tür, die ich natürlich hinter mir geschlossen hatte, und wartete darauf, dass er mich wieder hereinrief.
Das dauerte und dauerte. Offenbar ein längeres Gespräch.
Und wieder fühlte ich die inzwischen altbekannte Furcht vor meinem Herrn und vor der anstehenden Bestrafung in mir aufkeimen, die mir inzwischen so vertraut geworden waren. Ich lebte sozusagen in ständigem Angst und Schrecken, wie man so schön sagt.
(Selbst wenn er außer Haus war, dann fürchtete ich mich vor seiner Rückkehr. War ich allein in meinem Zimmer eingeschlossen, oder irgendwo zugange, wo er mich nicht sah, so fürchtete ich mich vor seinen Schritten. Ich hatte Angst vor der Peitsche und seinen harten Händen, und ich zitterte vor den Eintragungen im Strafbuch und erst recht, wenn sie vollstreckt werden sollten. Wenn es dann wieder so weit war und es hinunter ging in den Keller, dann schiss ich mir jedesmal beinahe in die Hosen. Beziehungsweise in den Schlüpfer, weil ich durfte ja meist nur Röcke tragen. Eher so Röckchen, äußerst knappe Röckchen, versteht sich.)
Aber ich sollte Glück haben.
Mein Herr wirkte direkt etwas verunsichert durch das Telefonat, und statt Hieben gab' s die unerwartete Erlaubnis, mir auch einen Teller und ein Glas zu holen und mich zu ihm an den Tisch zu setzen.
Er legte mir sogar eigenhändig eine Scheibe von dem kalten Braten auf den Teller. (Das würde wieder weh tun im Kiefer, das Fleisch zu kauen...)
Ich bekam auch unbegreiflicherweise Sprecherlaubnis, ohne darum gebeten zu haben, und das erste Mal seit langer Zeit redete er wieder halbwegs freundlich mit mir und so, als habe er einen Menschen vor sich sitzen. Einen richtigen Menschen, meine ich, und nicht nur die Anna, seine Sklavin.
Das verwirrte mich sehr. Ich konnte mir absolut keinen Reim darauf machen. In einer gewissen Weise war das beängstigender, als wenn er mich geprügelt hätte.
Kapitel 124
Dann, nicht allzulange nach diesem Vorfall, geschah das zweite, das meinen Gefühlshaushalt so durcheinander bringen sollte.
Das Leben kehrte nach jenem immerhin denkwürdigem Abend, als ich seit Menschengedenken, wie mir vorkam, wieder an einem gedeckten Abendbrottisch sitzen durfte, und sogar teilnehmende Fragen nach meinem Befinden zu beantworten hatte (natürlich hütete ich mich davor, die Wahrheit auch nur anklingen zu lassen, sagte, ich fühle mich wohl, was den Herrn aufrichtig freute), vorerst wieder mehr oder minder in die alten Bahnen zurück, sogar mit leichten Verbesserungen für mich.
Die kündigte er mir auch an während dieses Abendessens.
„Also, Anna, das mit dem Telefon, das war nicht deine Schuld. Du konntest mich ja nicht fragen, ob du es mir bringen solltest. Ich glaube, wir machen es wieder so wie früher. Wenn du kein ausdrückliches Redeverbot hast, dann darfst du sprechen.“
„Ja, Herr. Vielen Dank, Herr.“ (Ich nahm mir aber vor, von diesem Privileg nur äußerst sparsamen Gebrauch zu machen und gab mir so gewissermaßen selber ein Redeverbot.)
„Und wir werden die Peitsche wieder an ihren Haken im Flur hängen, da holst du sie mir dann, wenn wir sie brauchen.
„Ja Herr. Und vielen Dank, Herr.“
Diesmal brauchte ich mich nicht bemühen, echte Dankbarkeit in meine Stimme zu legen. Der Herr ist sehr impulsiv, wie Ihr wisst, und ich denke, er ist sich auch darüber im Klaren.
Dies bedeutete nichts anderes, als dass er sich eine Zeit des Nachdenkens auferlegen wollte, ob und gegebenenfalls wie heftig er mich bei den kleineren Verfehlungen des Alltags prügeln sollte. Und glaubt mir: seit dem Entsetzlichen im Gefängnis, seit diesem Unmenschlichen, was mir da widerfuhr, habe ich eine wahnsinnige Angst vor Schmerzen und Misshandlungen, und wenn ich nur mit der Hundepeitsche „durchgewalkt“ werde. (Was ja sowieso ziemlich weh tun kann, selbst wenn man nicht diese gesteigerte Schmerzempfindlichkeit hat wie ich aufgrund meiner schrecklichen Erfahrungen.)
Also da war ich ihm echt dankbar.
Und wer jetzt glaubt, ich wäre 'ne Mimose oder 'ne Heulsuse, und was ist das schon, so'n bißchen Prügel, vor allen Dingen, wenn man die Hölle hinter sich hat, da muss man doch hart sein hinterher und so 'ne „Lappalien“ wegstecken- bitte schön, in den Foltergefängnissen dieser Welt wird immer mal wieder 'ne Zelle frei. Bewerbt Euch um einen dieser Plätze- und wenn (FALLS!) Ihr dann wieder rauskommt, dann reden wir weiter. O.k.?
Na ja, es lief alles seinen Gang, und eine zeitlang fragte ich mich noch, was das für ein rätselhaftes Telefonat gewesen sein konnte, das meinen Herrn zu solch rätselhafter Milde veranlasst hatte (wenn es da überhaupt einen Zusammenhang gab, vielleicht bildete ich mir das ja auch nur ein), dann vergaß ich es so nach und nach.
Aber etwas besser hatte ich es schon seitdem, und da ich nicht den Fehler beging, auch nur nachzulassen in meinem Gehorsam und in der totalen Mühe, die ich mir gab, alles haarklein so zu machen, wie der Herr es wollte, blieb es auch dabei. Ich bekam weniger Prügel im Alltag, deutlich weniger. Gott, was war ich erleichtert!
Und auch meine wiedergewonnene Redefreiheit nutzte ich nur, um ihn bei Unklarheiten um genauere Anweisungen zu bitten, das heißt, ich fragte nach, ob ich auch alles so und so richtig verstanden hätte.
Der Herr tätschelte mir jetzt auch öfters mal die Wange oder den Hinterkopf (oder knete mir so zärtlich die Titten durch die Kleidung) und sagte: “Du bist ein gutes Mädchen, Anna!“
Darüber war ich echt glücklich. Ich denke sowieso, dass ein Mädchen im Prinzip das tun soll, was man ihm sagt, sonst fängt es nur an so rumzuhuren, wie ich es getan habe, als ich zuviel Freiheit hatte während meiner Schulzeit.
Ich finde, wir sollten einen haben, zu dem wir aufblicken können, aber halt nicht so, wie 'ne Sklavin das tun muss. Weil die muss sich ja klein machen, und die tut's ja auch nicht ganz freiwillig. Aber wenn man's freiwillig tut, ist es doch o.k.. Und den Typen tut's auch gut, schon, weil sie ja keineswegs ganz so toll sind, wie sie immer glauben.
Ja, so Gedanken habe ich mir damals gemacht, sobald ich wieder etwas zur Ruhe kam und ich mich nicht mehr ständig vor der Hundepeitsche zu fürchten brauchte. Das war so'ne Wohltat für mich und ich hab's dem Herrn auch vergolten im Bett, so zärtlich war ich glaub ich noch nie im Leben zu irgendeinem Typen.
Ich glaub, er hat's auch gemerkt und mir das honoriert, mich weniger oft vergewaltigt, obwohl es natürlich im Grunde nichts weiter war als meine Pflicht und Schuldigkeit. Aber es macht halt einen Unterschied, ob man sich in erster Linie aus Angst reinhängt- oder ob man es selber auch wirklich will.
Es war also alles in Butter, na zumindest wesentlich besser als vorher, um so schlimmer kam dann die kalte Dusche für mich: er legte sich eine zweite zu! Also Sklavin, meine ich, 'ne zweite Sklavin.
Das waren etwas seltsame Begleitumstände: es war irgendwie beinahe so, als hätte ihm jemand eine überlassen, aber kann das sein? Ich meine, wenn man bedenkt, wie teuer so'n junges gutaussehendes und gut abgerichtetes Mädchen ist. (Und das war sie, ich erzähle Euch gleich mehr über sie und über das nicht immer ganz stressfreie Verhältnis, das ich zu ihr hatte.) Ich meine, man gibt ja auch nichts mir nix dir nix einen funkelnagelneuen Mittelklassigen her, oder?
Aber erst mal zu den Begleitumständen:
es war Wochenende, Sonntag, der Herr war gerade fertig mit dem Mittagessen (und ich auch, aber nicht mit dem Essen, sondern deswegen, davor Samstags die ganze Hütte durchgeputzt, auch da wo gar nichts dreckig war, und dann Besuch bis in die Puppen durch seine Kumpel, dann der Kochstreß zur Bereitung eines Sonntagsmahles für einen einzigen, aber sehr anspruchsvollen „Gast“), na ja, er lobte es, und ich weiß noch, wie er sagte: „Eigentlich bist du unersetzlich, Anna.“
Im Prinzip hätte ich mich ja darüber freuen sollen, aber das „Eigentlich“ machte mich stutzig.
Weil, seit alles etwas erträglicher geworden war, da hatte sich eine Furcht wieder verstärkt: dass ich verkauft würde. Ich hätte zwar nicht gewusst, warum, aber wenn es ihm einfallen sollte- was könnte ich dagegen tun? Nichts. Rein gar nichts, ist doch logisch.
Ich versuchte, wieder runterzukommen. „Mach dich nicht verrückt, Anna“, so sprach ich in Gedanken zu mir.
Aber was folgte, war nicht gerade dazu angetan, meine Paranoia zu besänftigen.
„Ich erwarte noch Besuch, Anna. Du wirst jetzt in dein Zimmer gesperrt.“
„Ja, Herr....aber, Herr, soll ich denn nicht bedienen? Habe ich was falsch gemacht?“
Ich war einer Panik nahe. Er hatte mich noch NIE eingesperrt, wenn Besuch kam. Bestimmt hatte ich ganz schlimm was verbockt, so schlimm, dass ich nun verkauft würde. Und bei den Verkaufsverhandlungen, da sollte ich natürlich nicht dabei sein.
„Anna...“, er hob warnend den Zeigefinger, „es reicht. Redeverbot. Ab! Verschwinde!“
„Ja, Herr, Verzeihung, bitte!“
Und ich schlich davon, hatte Mühe, meine Tränen zurückzuhalten.
Wie betäubt setzte ich mich in meinem Zimmer auf mein Bett. Flennte los, ließ sie einfach lautlos fließen, die Tränchen. Verdammte Scheiße. Verdammt noch mal!
Nach einer Weile hörte ich seine Schritte, dann, wie der Schlüssel von außen im Schloss herumgedreht wurde.
Ich lauschte angestrengt, immer noch in sitzender Position auf dem Bett.
Nichts, alles ruhig im Haus. Dann die Türglocke.
Ich ließ mich aufs Bett fallen, in meinem Servieroutfit, so, wie ich halt war, zog die Tagesdecke über mich. Rollte mich zusammen, bis sie mich vollständig bedeckte, auch den Kopf. Gut so. Angenehmes Dämmerlicht umfing mich.
Dann, nach einer Ewigkeit, ich war doch tatsächlich ein wenig eingeschlafen, wieder das Drehen des Schlüssels im Schloss.
Hastig wickelte ich mich aus der Decke, sprang auf meine Füße. Mist: die Haare bestimmt total in Unordnung, das Make up sowieso, und die Kleider- keine Zeit mehr, sie zu ordnen. Oder wenigstens, sie glattzustreifen.
Die Tür ging auf, und dann schob er sie ins Zimmer, samt einem überdimensionalem Reisekoffer, vor allen Dingen, wenn man ihre Winzigkeit in Betracht zog. „Sie“, das war: „Nathalie“, wie er sie gleich vorstellte, „ich habe sie eben gekauft. Ihr teilt euch das Zimmer jetzt. Ich lass euch jetzt alleine. Macht euch bekannt miteinander. Anna, in einer halben Stunde kommst du ins Wohnzimmer. Ich habe Anordnungen für dich. Und sperr sie dann ein, ich lass den Schlüssel außen stecken. Und, Nathalie, für's erste gehorchst du Anna. Du gibst ihr keine Widerworte, parierst. Anna, du sagst mir Bescheid, wenn sie Schwierigkeiten macht. Alles klar, ihr beiden?“
„Ja, Herr.“ Was sollte ich sonst erwidern?
„Ja, Herr“, echote Nathalie. Sie hatte ein Kinderstimmchen. Und so sah sie auch aus. Wie'n Kind.
Mager, so ' ne Art brünettes Kraushaar mit 'nem deutlichen Stich ins Rötliche. Heller Teint, Sommersprossen. Kesses Mündchen, kein Lippenstift, nur so Lippgloss. . Keine Tittchen, die sich irgendwie abgezeichnet hätten unter ihrem fliederfarbenem Pulli (weiches, fließendes Gewebe, sah mir verdächtig nach Kaschmir aus) Höchstens eins fünfzig. Höchstens vierzig Kilo. Höchstens fünfzehn. Na ja, ganz, wie der Herr sie mag. Alles klar, das war meine Nachfolgerin, oder seht Ihr das anders?
Aber sie war mir unterstellt sozusagen, für's erste zumindest. Vielleicht konnte ich mir das zunutze machen. Sie dazu bringen, irgendeinen Bock zu schießen. Einen totalen Scheiß zu machen.
Zuallererst musste ich ganz dringend herausfinden, wie clever sie eigentlich war.
Der Blick, den sie aus ihren ihren wasserhellen, hellblauen Augen unverwandt auf mich gerichtet hielt, während wir uns bestimmt eine halbe Minute wortlos gegenüberstanden, gefiel mir nicht. Wie ein Radarstrahl, fand ich.
Ich wollte es erst mal mit Freundlichkeit versuchen, ein bißchen Verstellung hat noch nie geschadet.
„Hallo“, ich rang mir ein Lächeln ab, „ich bin die Anna.“
Streckte ihr die Hand hin, die sie ignorierte.
„Ich weiß“
„Woher...?“, ich war ein wenig verwirrt.
„Hat der Herr gesagt. Eben. Hörst du schlecht?“
O.k., sie war clever. Alleine ihr Tonfall. Irgendwie sehr entschieden. Wie ihr Blick. Oder der Druck ihrer kleinen Hand, als es ihr gefiel, meine immer noch ausgestreckte zu ergreifen. Nur kurz, aber immerhin.
Und diesen Eindruck der Entschiedenheit, den ich von ihr hatte, verstärkte sie gleich noch.
„Hör zu Anna, wir sollten klare Verhältnisse schaffen, die Zeit, die wir noch beieinander sein müssen. Weil eine von uns beiden wird gehen müssen. Der Herr sieht mir nicht so aus, als ob es sich zwei Sklavinnen leisten könnte. Das heißt, er wird dich verkaufen, um den Preis für mich wenigstens teilweise wieder reinzuholen. “
Wenigstens teilweise. Wenn das keine Gemeinheit war. Zum Großteil, oder: überwiegend, das hätte ich mir ja noch gefallen lassen.
Aber im Grunde genommen war es genau das , was ich befürchtete. Verkauft zu werden. Ich versuchte, höhnisch zu lachen.
„Das kann noch etwas dauern. Und du hast den Herrn gehört. Wer weiß, vielleicht erzähl ich ihm was über dich. Braucht ja nicht wahr zu sein. Hauptsache: was Schlechtes!“
Sie schnob verächtlich durch ihr Näschen.
„Mach dir nichts vor, Anna. Deine Sorte kenne ich. Du hast die Hosen gestrichen voll. Du ist 'n Weichei. Dir ham'se den Schneid aus dem Leib geprügelt. Wenn du jemals welchen besessen hast. Wenn du den Herrn anlügen sollst, fängst du garantiert zu stottern an. Oder wirst rot.“
Innerlich gab ich ihr recht, sie durchschaute mich völlig, auch wenn ihre Wortwahl natürlich etwas hart war. Scheiße, warum waren Dana und Bettina nicht da, meine Freundinnen? Die waren aus dem selben Holz geschnitzt wie Nathalie, die würden fertig mit ihr. Wenn überhaupt irgendjemand
„Wie alt bist'n überhaupt, Nathalie?“
„Fünfzehn. In zwei Monaten werd ich sechzehn.“ Selbstbewusst reckte sie ihr Stupsnäschen nach oben.
„Siehst aber nicht danach aus.“ Ihr gesamtes Auftreten hatte mich zwar zwischenzeitlich davon überzeugt, dass sie kein Kind mehr war. Aber ganz kampflos, ohne wenigstens eine Achtungserfolg zu erzielen, wollte ich die Wallstatt nicht räumen.
„Ich weiß. Das kann aber durchaus ein Vorteil sein“, meinte sie gedehnt.
„Ende der Debatte. Du hast den Herrn gehört. Wenn du mir nicht gehorchst, brauche ich ihn noch nicht mal anzulügen. Und zum Beispiel dieses Gespräch, deine frechen Antworten, das dürfte ihn vielleicht auch interessieren.“
„Ja, und dass du Angst hast, verkauft zu werden. Dann kann er ja zwei und zwei zusammenzählen, wenn du was Schlechtes über mich berichtest.“
Verdammt, das stimmte natürlich auch. Also beschränkte ich mich auf ein: „Ach, halt's Maul!“
„Wie du befiehlst, Anna“, erwiderte sie geringschätzig.
Ganz so schwarz sah ich allerdings meine Situation nicht. Ich war nicht ganz billig gewesen, vermutete ich. Meine Abrichtung hatte gewiss auch einen Haufen Geld gekostet. Sie hatte den gewünschten Erfolg gebracht. Ich war fast ebenso jung wie Nathalie. Ich sah auch gut aus. Eigentlich. Wenn man wie der Herr auf Kindfrauen stand. Und ich entsprach auch ziemlich diesem kindlichen Typ. (Wenn auch nicht so perfekt wie Nathalie, zugegeben.)
Ich ich war überdies sehr gut im Bett. Und in der Küche!
Und- ich HATTE die Hosen gestrichen voll, der Schneid war gründlich aus mir herausgeprügelt worden, gründlicher, als sich das Nathalie vielleicht überhaupt vorstellen konnte. Die ja doch recht selbstbewusst wirkte. Nicht unbedingt eine Eigenschaft, die mein Herr schätzte bei einer Sklavin.
Klar, sie würde sich ihm gegenüber verstellen nach allen Regeln der Kunst. Ob das ausreichte?
Ich hingegen WAR ihm bedingungslos ergeben, eine wahrhaft willenlose Sklavin. Hatte echt Angst vor ihm. Und das wusste er. AUCH ein Vorteil.
Diese Überlegungen beruhigten mich so halbwegs.
Der Herr hatte kaum genug Kohle, um sich ein Schmuckstück wie Nathalie zusätzlich zu mir zu leisten. So schätzte auch ich ihn nicht ein.
Ich dachte nach: nehmen wir mal an, irgendjemand, bestimmt einer seiner Kumpel, (wer denn sonst?) der von meinen Fähigkeiten und meiner echten Unterwürfigkeit rumerzählt hatte, hätte jemand Anderen so scharf auf mich gemacht, dass dieser sich entschloss, meinem Herrn Nathalie sozusagen auf Kommission zu überlassen? (Warum wohl?)
Im Austausch gegen mich, falls er nach einer gewissen Frist Nathalie mir vorziehen sollte. Und ansonsten: fristgerechte Rückgabe Nathalies, eventuell gegen eine moderate Leihgebühr.
So 'ne Art Leasinggeschäft, wenn Ihr so wollt, auf dass der Herr erst mal eingestiegen war, geblendet durch seine eigene sexuelle Abartigkeit (oder wie soll man das sonst nennen, wenn einer auf kleine Mädchen steht, oder auf solche, die so aussehen?) und das äußere Erscheinungsbild Nathalies.
So erklärte ich mir damals schließlich das schwer Erklärliche.
Doch eines unterschied Nathalie und mich: die hatte alle ihre Karten gleich auf den Tisch gelegt.
Ich nicht.
Kapitel 125
Auf dem Weg ins Wohnzimmer legte ich dann schnell meine weitere Taktik fest.
Erstens: nicht rausplatzen über Nathalie und meine ersten Eindrücke von ihr. Warten, bis der Herr mich fragt.
Zweitens: ich ging davon aus, dass sie lügen konnte wie gedruckt und auch wenig Skrupel hatte, dass zu tun, zumal sie annehmen musste, dass ich es auch täte.
Diese Absicht hatte ich jedoch nicht. Durch mein Nachdenken war mir hinlänglich klar geworden, dass dieses Schätzchen, mit dem ich mir jetzt das Dasein als Sklavin teilte (und mein Zimmer), tatsächlich so war, wie es unser Herr eben nicht schätzte. Wenig wahrheitsliebend, sagen wir mal so, und, viel schlimmer noch: im tiefsten Inneren ungebrochen. Nur berechnend eben, aber ohne tiefsitzendem Respekt vor der Herrschaft.
Mit der hätte unser Herr wieder von vorne anfangen können, die hätte erst mal auf die Sklavenschule gemusst, denn der Herr, der wollte echte Unterwerfung, so wie ich sie ihm jetzt bot- und keine noch so gute Show .
Es drehte sich jetzt darum, den Herrn von selbst auf diese Erkenntnis kommen zu lassen, sie ihm nicht auf dem Silbertablett zu servieren. Weil dann hätte er sie möglicherweise nicht geglaubt.
Nein- geschickt Zweifel sähen, dabei soweit als möglich bei der Wahrheit bleiben, und wenn sie dann über mich log- ja, dann hatte sie schlechte Karten: weil mein Herr, der kannte mich ja recht gut (noch'n Vorteil!) und es war recht wahrscheinlich, dass er ihr bei irgendeiner ihrer Lügen auf die Schliche kam. Und selber die zutreffenden Schlussfolgerungen zog, in Richtung auf die von mir gestreuten Zweifel.
So sah er also aus, mein ziemlich fieser Plan, den ich mir in der kurzen Zeit, die ich brauchte, zu meinem Herrn ins Wohnzimmer zu gelangen, zurechtlegte. Und ich bin mir sicher, er hätte auch funktioniert, und ich wäre heute noch bei meinem Herrn, wenn nicht ein Umstand eingetreten wäre, den ich einfach nicht vorhersehen konnte.
Ihr vielleicht schon, keine Ahnung. Ich war damals jedenfalls nicht in der Lage, einen entscheidenden Hinweis richtig zu deuten. Dafür war mein Horizont schon viel zu sehr beschränkt darauf, jede Veränderung in meinem Dasein zu vermeiden. Weil ich Veränderungen eben nicht mehr liebte seit der Sklavenschule und dem Schrecklichen, das danach über mich kam.
Aber in gewisser Weise hat dennoch alles geklappt, wenn auch mit ganz anderem Resultat, als ich es mir hätte träumen lassen. Noch nicht mal in meine kühnsten Träumen.
Aber wartet's ab!
Kapitel 126
Im Wohnzimmer war der Herr mit Sportschaugucken beschäftigt, beachtete mich gar nicht. Also stellte ich mich hin, gerade so am Rande seines Gesichtsfeldes, sehr aufrecht und in meiner schönsten Haltung, bereit, jederzeit ein Lächeln hervorzuzaubern, sollte er in meine Richtung blicken. Er ignorierte mich aber so vollständig, dass ich erst mal keine Gelegenheit dazu bekam.
Ich beobachte den Pegel der Bierflasche, die er in regelmäßigen Abständen zum Mund hob. Sobald er den letzten Zug daraus getan hatte, trat ich beherzt näher.
„Noch eines, Herr?“, fragte ich, leise und mit gesenktem Haupt.
Er rülpste und blickte auf.
„Gleich. Erst bläst du mir einen, verstanden?“
„Ja, Herr, gerne“, erwiderte ich mit meinem schönsten und strahlendstem Lächeln, während ich bereits vor ihm auf die Knie sank, den Reißverschluss aufzog, mit geübter Hand in seinen Hosenschlitz griff.
Ich wollte alles geben, all meine beachtlichen Blaskünste zum Einsatz bringen. (Hatte er mir erst letzthin selbst gesagt: „Mädchen, du weißt wirklich, was man alles anstellen kann mit einem Männerschwanz und deinem weichen Mund.“)
Doch heute war ihm nicht so sehr nach der zärtlichen Tour, das sollte ich bald merken, heute wollte er mich nur „ins Maul ficken“ („Halt endlich still und das Fickmaul auf, weit auf, Mädchen“, wie er das ausdrückte), was er denn auch heftig und grunzend tat, während sein Blick wahrscheinlich weiterhin auf der Mattscheibe klebte.
Seine Hände rissen meinen Kopf an beiden Ohren brutal nach oben und unten, um mit der speichelnassen Öffnung unten in meinem Gesicht die ganze Länge seiner Männlichkeit zu bedienen, Ihr wisst, dass mir das nicht unbedingt missfällt. Wenn ich in der Stimmung dazu bin.
Heute jedoch war ich viel zu besorgt wegen der Neuen, um mich richtig fallenzulassen und es einfach zu genießen. (Auch das riet er selbst mir gelegentlich, wenn er meiner Zärtlichkeiten überdrüssig war und es mal wieder „härter“ machen wollte.)
Aber natürlich ließ ich es über mich ergehen wie immer, klaglos und ergeben, obwohl mir vor Schmerz das Wasser in die Augen stieg, so sehr krallte er sich rein in meine Ohren.
Dann war es vorbei, und tapfer lächelnd schluckte ich den salzigen Schleim, den er mir in den Mund gespritzt hatte. Meine Ohren brannten wie Feuer. Na ja, wenigstens waren sie noch dran. Und wenigstens kein Tiefe- Kehlen- Fick. Also eigentlich noch mal Glück gehabt.
„Hol endlich das Bier, oder willst du welche haben? Sagen wir fünfe? Wie lange soll ich denn noch warten?“
Anlächeln, lächle ihn weiter an, Anna, befahl ich mir.
„Ja, Herr, sofort!“
Und entschwand behend in die Küche, meinem Herrn sein Bier zu bringen. Nahm mir noch nicht mal die Zeit, den Mund unter dem Wasserhahn wenigstens behelfsmäßig auszuspülen, wollte ihn keine Sekunde länger warten lassen, als unbedingt erforderlich.
Er war schlechter Laune, wie so häufig, wenn seine Mannschaft („diese Flaschen“) mindestens einen mehr „in den Kasten“ gelassen hatte als die gegnerische. Zumindest nahm ich das mal an als Ursache, plausibel wäre es zumindest.
Dann durfte ich wieder seitlich neben ihm auf dem Boden kauern, den Kopf in seinen Schoß gelegt. Geistesabwesend kraulte er mich hinter den Ohren und im Nacken, schaute weiterhin die Sportschau. Bemerkte so nebenbei: „Gutes Mädchen, Anna, brav, bist 'n braves Mädchen.“
Eigentlich ein ruhiger Abend, absolut erträglich, so, wie er sein sollte. Wenn da nur diese Sache mit der Neuen gewesen wäre. Die machte mir halt Sorgen. Große Sorgen.
Instruktionen ihretwegen ergingen an diesem Abend nicht mehr.
Kapitel 127
Am nächsten Abend stehen wir beide im Wohnzimmer vor dem Herrn, Nathalie und ich. Beide reizvoll aufgemacht. Also mehr wie die Nutten, auch entsprechend geschminkt. Aber so war es befohlen. Nathalie und ich, wir haben uns gegenseitig beim Schminken geholfen, das geht schneller, als wenn man sich mühselig selber vor dem Spiegel anmalen muss. Sie ist überhaupt immer dann bereit, mit mir zu kooperieren, wenn auch für sie ein Vorteil dabei rausspringt, so viel mal als Resümee des heutigen Tages. Was für sie heißt, dem vermuteten Willen des Herrn einhundertprozentig entsprechen zu können.
Dieser wichst seinen Schwanz, er genießt es offenbar, seine beiden „Fickhühner“ vor sich zu haben. Aus den Augenwinkeln linse ich nach der Hundepeitsche, die am Rande des Sofas auf dem Boden liegt. Doch da ist sie zu weit entfernt für den spontanen Gebrauch. Warum er sie nicht einfach neben sich aufs Sofa gelegt hat, ist mir ein Rätsel. (Oh Gott, wie sehr ich es hasse, mit ihr „durchgeklatscht“ zu werden!)
Er wichst, wir schweigen.
Ich fühle mich entspannt. Keine unmittelbare Gefahr im Moment, für keine von uns, so signalisieren mir meine geschärften Sinne, die seit langem in der Gegenwart des Herrn nur eines kennen: die Lage abzuchecken- wie ist er so drauf, der, dessen Eigentum ich bin? Dem ich auf Gedeih und Verderb ausgeliefert bin.
Er scheint sich wohlzufühlen in dieser Situation- und welcher Mann täte das nicht an seiner Stelle?
„Nathalie, vortreten!“
„Ja, Herr!“ Mit kreisenden Beckenbewegungen, die Knie zusammengedrückt, schiebt sie sich in seine Richtung. Ihren Gesichtsausdruck dabei kann ich nicht erkennen, ich schaue ja auf ihren Hinterkopf. Heute hat sie ihr Kraushaar gebändigt, trägt es straff zurückgekämmt, hinten zusammengehalten durch ein Haarband. Von dort aus fällt es, in tausend kleinen Wellen sozusagen, wieder auseinander, fächert sich breit auf. Sieht echt gut aus. Mannomann!
Sie ist die Verführung selbst, das kleine Miststück. Das kleine fünfzehnjährige Miststück.
Wie sie sich so leicht gegen seine Knie drückt, als sie dann angelangt ist vor ihm- und ich wette, sie schiebt dabei auch ihre Zungenspitze zwischen die Zähne oder so was. Traue ich ihr durchaus zu, nach allem, was ich mir inzwischen so über sie zusammenreime.
Er lässt sie eine Zeitlang vor sich stehen, macht einfach weiter an seinem Schwanz.
Langsam kreist ihr Becken. Mal mit etwas stärkerem Seitenschwung, mal kaum merklich. Ihre nylonbestrumpften Knie schaben an den seinen, die in Hosenbeinen stecken. Das ergibt so ein leises Geräusch.
Sie hat silberne Glänzestrümpfe an. Also die Grundfarbe so'n silbergrau, und darauf eine Milliarde kleine Silberstückchen, die nur so richtig loszuglitzern beginnen, wenn das Licht entsprechend drauf fällt. Der Effekt ist umwerfend, wenn sie sich bewegt, zumal ihre Beine auch echt was hermachen. Dünn, aber nicht einfach nur zwei dünne Stecken, sondern mit so süßen schwellenden Rundungen im Miniaturformat, die aber durchaus noch etwas kindlich- ungeformt wirken, und die darüber hinaus genau an die richtigen Stellen gepackt wurden durch Mutter Natur. An Beine, die auch noch recht lang sind, im Verhältnis zur Gesamtgröße dieses kleinen Hürchens. An dem überhaupt alles süß und im Miniaturformat ist.
Es ergeht kein weiterer Befehl und sie begeht auch nicht den Fehler, Eigeninitiative zu ergreifen. Überhaupt scheint es, als habe sie einen sicheren Instinkt, und ich frage mich, wo sie wohl herkommt. In welchem Haus oder in welchen Häusern sie schon gelebt hat, bevor sie hier her kam zu unserem Herrn.
Abgesehen von ihrer klaren Kampfansage an mich, also mir hier meinen Platz streitig machen zu wollen und es dafür in Kauf zu nehmen, mich in eine ungewisse Zukunft zu schicken (eine mehr als ungewisse Zukunft), war sie nämlich doch eher wenig mitteilsam.
Ich „solle mich um meinen eigenen Scheiß kümmern“, das bedeutete sie mir mehr als einmal, mit eben diesen Worten.
Gestern abend beispielsweise, als ich in mein Zimmer zurück kam, todmüde, genervt von dem Intermezzo mit dem Herrn die Tür aufschloss (ich sollte sie ja einsperren auf Anweisung des Herrn, Ihr erinnert Euch), nur noch den Wunsch nach Alleinsein im Kopf, danach, mich auf mein Bett fallen zu lassen- da hatte sie doch glatt die Hälfte des Inhalts dieses Koffermonstrums herausgenommen und überall im Zimmer verteilt- überall waren lauter Klamotten: auf meinem Bett, auf dem Boden, überall.
„Hey, spinnst du? Das ist mein Zimmer! Und ich will jetzt verdammt noch mal schlafen! Räum deinen Scheiß gefälligst wieder rein. Was glaubst denn du überhaupt?“
„Das ist nicht dein Zimmer. Das gehört dem Herrn, so wie du, so wie ich. Hast du 'ne Meise oder was?“
Sie hatte natürlich recht. Es war nicht mein Zimmer, auch wenn ich es mir angewöhnt hatte, es als solches zu betrachten. Mir gehörte schließlich nichts, gar nichts auf dieser Welt, ich noch nicht mal mir selber.
Aber ich war viel zu sehr in Fahrt, und auch viel zu abgenervt, um sie so leicht davon kommen zu lassen.
„Ich war zuerst hier. Und du sollst mir gehorchen. Sagt eben dieser Herr, von dem du's gerade hast. Also zum letzten Mal: räum den Scheiß wieder weg. Sonst sag ich's ihm.“
Keine Reaktion von ihrer Seite.
„Ich kann's gleich tun. Ich ruf ihn. Leg's nicht darauf an, das sag ich dir!“
„Du rufst ihn. Und er kommt gesprungen. Aha! Du hast wohl Sehnsucht nach dem Rohrstock, du durchgedrehte Petze. Mal im ernst: was willst du machen? Zu ihm rennen und petzen oder wie?“
„Ach egal, ich brauch ihn noch nicht mal zu rufen. Er wird sowieso bald kommen wegen dem Nacht- Einschluss. Oder was denkst du denn? Dass du hier im Hotel Ritz bist und jederzeit ein Taxi kommen lassen kannst, wenn die Dame noch ausgehen möchte? Glaubst du, du wirst hier nicht in dein Zimmer gesperrt nachts? War das etwa so, da, wo du herkommst?“
„Ach, kümmre dich um deinen eigenen Scheiß!“
Aber sie begann dennoch widerwillig, ihre Sachen zusammenzuräumen, in die eine Hälfte des Zimmers hinüberzutragen, die sie offenbar als die ihre beanspruchte, mein Bett freizumachen.
„Ich muss sie doch raustun, sonst werden sie ganz zerdrückt“, meinte sie halb entschuldigend.
Es waren aber auch schöne Sachen darunter, sehr teure Sachen. Das würde den Herrn freuen.
„Zerdrückt oder nicht. Du darfst sie sowieso nicht behalten. Meine hat der Herr auch verkauft. Ich hab nur noch so Hausmädchentracht, Servieroutfit und so 'nen nuttigen Fummel halt. Kannst dir denken, wofür, oder? Und dir wird’s auch nicht anders ergehen, das schwöre ich dir.....vorausgesetzt, du bleibst überhaupt lange genug hier“, beeilte ich mich hinterher zu schieben.
„Ach, kümmre dich um deinen eigenen Scheiß!“
„Schenk mir einen Whisky ein, Anna, aber dalli!“
Das riss mich aus meinen Erinnerungen an den gestrigen Abend.
„Ja, Herr, sofort“
Ich hechtete rüber zur Anrichte, die auch ein Barfach enthielt.
Dem entnahm ich die Whiskyflasche und auch eines dieser dickwandigen Gläser, die man für diesen Zweck benutzt.
Schenkte ein, rannte in die Küche für Eis. Der Herr liebte ihn „on the rocks“, seinen Whisky.
Im Flur fiel mein Blick in den Spiegel, ich erblickte ein mageres Mädchen in Stiefeletten mit einem gehetztem Ausdruck in den Augen, einer ordinär bemalter Fresse darunter, in allerknappsten Hotpants und bauchfreiem Top, unter dem sich nicht allzu viel verbarg. Ich hielt kurz inne. Das war also ich, die Anna.
„Nein, du bist nicht die Anna“, korrigierte ich mich selbst, „die Anna war stolz und schön, kleidete sich schick und wurde von allen bewundert. Würde irgendwer DAS hier bewundern, dieses Wesen dort im Spiegel? Das dort BIST DU , 'ne billige Sklavin biste stirbst. Sonst nix!“
Und ich machte, dass ich weiterkam.
War ich völlig verrückt geworden? Wen interessierte denn, was ich mal gewesen war oder auch nicht oder wer stellte denn in Frage, dass ich 'ne Sklavin war und auch bis zu meinem Tod eine bleiben würde? Was sollte dieser Quatsch?
Bei meiner Ankunft im Zimmer waren die Beiden schon voll bei der Sache. Also fickten auf dem Fußboden, was das Zeug hielt, Nathalies „Fähnchen“ um sie herum verteilt. (Sie trug im Grunde was Ähnliches wie ich, nur eben mit diesen Strümpfen, die ich Euch bereits beschrieben habe. Und mir dem Unterschied, dass sie aus den unergründlichen Tiefen ihres Koffers was zutage gefördert hatte, das so schillerte irgendwie, obszön- aber dennoch stilvoll. Aber eben nicht ZUU stilvoll. Gut einfach und bestimmt teuer gewesen. Verdammt, woher hatte sie nur all das Zeugs?)
Natürlich war das nicht gut für mich. Im Hinblick auf die Aussicht, mich demnächst auf dem Sklavenmarkt wiederzufinden, meine ich. Aber was sollte ich machen? Meine diskreten Andeutungen heute Nachmittag, die ich entsprechend meinem einmal gefassten Plan eben so beließ, wie sie nun mal waren (na, diskret eben), hatten offenbar nicht so recht gefruchtet.
Und der Herr hatte mich nämlich befragt, nach dem Mittagessen. Eigens dafür, wie ich mal annehme, wurde die gute Nathalie sogar abkommandiert nach draußen, zum Holzhacken. (Das gönnte ich ihr, und zwar so richtig von Herzen. „Hack dir die Hände ab, du Miststück“, diese meine Gedanken begleiteten sie nach draußen, wohin sie unter durchaus unglücklichem Gesichtsausdruck abzog.)
„Also, Anna“,begann der Herr, während er an seiner Nach- Tisch-Zigarre sog, an die ich eines jener überdimensionierten Zigarren- Anzünde- Streichhölzer hielt, die für diesen Zweck entwickelt wurden (na, man kann sie natürlich auch verwenden, um Ölöfen damit anzukriegen, beispielsweise), „wie ist sie denn so, unsere Nathalie? Was hältst du von ihr? Sprich nur frei von der Leber weg.“
„Sie ist ganz nett, Herr.“
„So, ganz nett ist sie also, ja?“Fünfzehnzehn
„Ja, Herr.“
Dieser sah erst mal zu, dass seine Zigarre ordentlich zog, wie man das in Fachkreisen nennt. Paffte und paffte, bis ich das Streichholz zurückziehen und es auspusten konnte.
Dann scheuerte er mir eine. Aber wie!
„Und du glaubst, ich frage dich um deine ehrliche Meinung, nur um mir so ein absolut dämliches Geschwätz anzuhören?“
Ich tat, als wäre ich bald am Losflennen. Was mir angesichts des harten Schlages auch nicht allzu schwer fiel. Verdammt, das sirrte und pochte in meinen Kiefern, die gesamte Gesichtshälfte wurde durchzuckt von stechenden Schmerzen, bis hin ins Innenohr, wo sie eine besonders scheußliche Qualität annahmen. Ich konnte doch noch immer nichts anderes zu mir nehmen als weiche und wohltemperierte Nahrung, und er haute mich voller Wucht mitten ins Gesicht! Scheiße
Einen Moment lang hatte ich eine echte Wut auf ihn und musste mich zwingen, sie wieder dorthin zu richten, wo sie hin gehörte- auf Nathalie.
„Es...es ist doch nur, weil sie so nett ist zu mir, Herr“, stotterte ich los, „Ver...verzeihung b..bb..bitte, ich wo...wollte doch nicht...“ (Ich neigte tatsächlich in letzter Zeit immer öfters dazu, zu stottern und völlig das Konzept zu verlieren, wenn der Herr mich brutal behandelte, wie er es so gerne tat, wenn ihm die geringste Kleinigkeit nicht passte- fast immer also.)
„Stotter nicht rum, Anna! Sag schon: wie ist sie so? Wird’s bald, oder muss ich dir Beine machen?“
„Nein, Herr. Verzeihung, bitte!“
Wie so oft, half mir auch diesmal sein Tonfall. Auf klare Befehle hin kriegte ich auch wieder einen klaren Kopf.
„Also?“
„Sie will halt nicht weg von hier, sagt sie.“
„So, sagt sie das?“
„Ja, Herr.“
„Und warum sagt sie das, deiner Ansicht nach? Oder hat sie sich darüber geäußert irgendwie?“
„Nein, Herr, das hat sie nicht. Sie ist sowieso ziemlich verschlossen, sie traut mir nicht so recht, denke ich. Oder sie mag mich nicht. Sie sagt nur, dass sie alles mitbringt, was es braucht, um hier bleiben zu können. Um Ihnen zu gefallen, Herr.“
„Und das wäre....?“
„Weiß nicht, Herr. Sagt sie nicht. Nicht so direkt, meine ich. Sie sagt halt nur, den Herrn, diese Sorte, die kennt sie. Damit käme sie klar, sagt sie. Bitte, Herr....“, und ich wurde immer hektischer und begann immer schneller zu reden, bekam es so langsam mit der Angst zu tun, dass ich mich vergalopiert hatte möglicherweise, „...ich will doch nicht respektlos sein, wirklich nicht, und die Nathalie, die hat doch bestimmt auch Respekt vor Ihnen“, fügte ich, einer plötzlichen Eingebung folgend, noch hinzu, „die hat halt so dahergeredet, die weiß ja nicht, dass ich Ihnen alles erzähle, alles, bitte glauben Sie mir Herr, bitte...“, und ich griff nach seinen Händen, als sei ich in höchster Angst, nicht nur meinetwegen, sondern auch, weil der Herrn nun einen völlig schiefes Bild gewonnen hatte von meiner Mitsklavin, die ich so „nett“ fand.
Aber innerlich triumphierte ich. In seinen Augen sah ich, das mein Weizen blühte. Der Keim des Misstrauens ist gelegt, dachte ich bei mir, nun gilt es nur noch, in ordentlich zu bewässern, auf das er blühe und gedeihe!
Und wirklich: „Sschhh, Anna, sschh“, machte der Herr, während er meine Wange tätschelte (die selbe, die er erst vor wenigen Minuten so grausam misshandelt hatte), „ganz ruhig. Bist ein gutes Mädchen!“
„Ja, Herr?“, erwiderte ich in einem zweiflerischen Tonfall, so, als verstünde ich nicht ganz, wo sein plötzlicher Stimmungsumschwung denn herrührte.
Doch was ich jetzt mit ansehen musste, als ich zurückkehrte, das gefüllte Whiskyglas in der Hand, das ließ mich doch sehr zweifeln, ob Nathalie nicht am Ende doch die Oberhand gewinnen würde, relativ mühelos sogar.
Ich meine, im Zweifelsfall siegt doch bei Männern immer die, die es versteht, dass der Verstand bei ihnen in die Hose rutscht. Oder? Wie denkt Ihr darüber? Da ist doch was dran, glaubt Ihr nicht auch?
Sie lag unter ihm, war praktisch unter ihm verschwunden, während er sich so auf ihr rumwälzte und sie heftig fickte. Zwei weit gespreizte dünne Beine, vielleicht dreiviertels so lang (und halb so umfänglich) wie die seinen schauten auf Höhe seines Beckens hervor. Er stieß heftig in sie, und sie machte so quiekende Geräusche dabei. Ihre Hände ließ sie entlang seiner Wirbelsäule langsam auf und ab wandern, sie streichelte ihn nur so mit den Fingernägeln (und die waren lang und sie hatte sie blutrot angemalt- mit meiner Unterstützung).
Es bestand kein Zweifel, dass sie es genoss.
Das war überhaupt einer der wenigen Punkte, über den wir uns echt ausgetauscht hatten, Nathalie und ich, und in dem wir auch eine Übereinstimmung feststellten. Gleich mir schätzte sie es, so richtig stramm durchgefickt zu werden, von einem „ansehnlichen Schwanz; mit 'nem echten Kerl dran“, wie sie sich ausdrückte.
Und auch, dass der Herr im Grunde recht gut aussähe, na „zumindest ganz annehmbar“, obwohl er doch eigentlich schon so'n „alter Sack“ sei („im Prinzip ja widerlich, immer diese alten Säcke, die über dich drübersteigen wollen, bääh“), das äußerte sie von sich aus, ohne dass ich ihr meine gleichlautende Einschätzung mitgeteilt hätte.
Sie interessierte sich auch sehr für die Größe seines Schwanzes („wenn er steif ist, du weißt schon“), etwas, was man vom Gesamteindruck eines Mannes her vorher ja tatsächlich nicht sagen kann. Als ich sie mit meinen Händen so ungefähr andeutete, pfiff sie anerkennend durch die Zähne.
„Na, das ist doch schon mal recht ordentlich“, entfuhr es ihr.
Ich wollte es mir nicht nehmen lassen, sie ein wenig aufzuziehen damit.
„So, so, erst ist er so'n widerlicher alter Sack, bääh“, imitierte ich sie, „und jetzt auf einmal willst du wissen, wie groß er ist. Passt da was nicht ganz zusammen oder täusch' ich mich da?“
„Ach, kümmer dich um deinen eigenen Scheiß!“
Kurze Zeit später ließ sie sich aber dennoch zu einer Erklärung herab: „Anna, der würde sich doch sowieso über mich hermachen, und wenn er aussähe wie der Glöckner von Notre Dame. Da ist es doch besser, er sieht so aus, wie er aussieht. Und kleine Schwänze, die mag ich nun mal nicht so.“
Ganz meiner Meinung!
Aber wir waren doch dabei, wie der Herr sie geknallt hat, als ich aus der Küche zurückkehrte mit seinem Whisky on the rocks in der Hand.
Das Tempo, mit dem er sein Ding unten rein rammte in Nathalie, beschleunigte sich. Auch ihr Quieken gewann an Fahrt, wie 'ne rostige Schubkarre, so hörte sie sich jetzt an.
Zwei, drei heftige Stöße noch, dann war es zuende. Der Herr entleerte sich in Nathalie, blieb schwer atmend auf ihr liegen.
Nathalies Arme sanken zeitlupenhaft nach unten, sie glitten weg vom Rücken des Herrn. Von wegen gestreichelt. Ganz zerkratzt war der!
Sie zog ihre gespreizten Beine langsam an, streckte sie unter leichtem Zittern wieder aus, schließlich blieben sie in ausgestreckter Position ruhig liegen. Sie rührte sich nicht mehr, während der Herr noch mit seinem ganzen Gewicht auf ihr lastete.
Schließlich rollte sich der Herr von der nach wie vor wie leblos daliegenden Nathalie, richtete sich halb auf.
„Gib schon. Gib mir endlich den Whisky! Hast die ja schön Zeit gelassen. “
Zitternd reichte ich ihm das Glas, das ich die ganze Zeit in den Händen gehalten hatte. Er leerte es in einem Zug.
„Mehr. Bring noch welchen!“
„Ja, Herr.“
Das war mir recht, dass sich die Eiswürfel noch im Glas befanden, sie hatten ja noch keine Zeit gehabt, zu schmelzen. Da brauchte ich zum Nachschenken nicht aus dem Zimmer zu gehen- und was anderes als „on the rocks“ hätte er nie akzeptiert. Ich kannte ihn, ich war schließlich schon lange genug seine Sklavin.
Aber ich wollte jetzt Nathalie nicht alleine lassen, ich hatte ein ganz komisches Gefühl. Sie lag so seltsam da, hatte sich auf die Seite gedreht und die Beine angezogen. Ihre Schultern zuckten. Weinte sie?
Dann vernahm ich ihr Schluchzen, sie vergrub das Gesicht in den Händen. Ja, sie weinte.
Warum nur? Es hatte doch den Anschein, als hätte sie Lust dabei empfunden. Ich verstand das nicht.
Dann fiel mein Blick auf das immer noch halb aufgerichtete Glied des Herrn. Es war ganz blutverschmiert.
Nathalie war noch Jungfrau gewesen! Und die Geräusche, die sie von sich gab, das waren keine Lustgeräusche, das waren schwache Schmerzensäußerungen gewesen. Und was in meinen Augen erst ausgesehen hatte wie Zärtlichkeit, wie sie ihm am Rücken entlang fuhr mit ihren Fingernägeln, das war der schwächliche Versuch einer Gegenwehr. Sie wollte ihn kratzen, nicht ihn liebkosen.
Mich beschlich ein ungeheuer mulmiges Gefühl. Wer immer ihm auch Nathalie überlassen hatte, der hatte ihm eine Jungfrau überlassen. Eine, die zwar ganz offenkundig in den Verführungskünsten ausgebildet war, aber ohne bisher „angestochen“ gewesen zu sein. Du meine Güte! Und mit mir hatte sie noch über Schwanzgrößen gefachsimpelt. Und nun war sie höchstwahrscheinlich das Opfer einer brutalen Vergewaltigung durch den Herrn geworden, deswegen ging auch alles so schnell, ich meine, so furchtbar lange hatte ich mich doch nun gewiss nicht in der Küche aufgehalten!
Aber dass er das gedurft hatte! Ich meine, eine bildhübsche, in den Verführungskünsten bewanderte Sklavin, überdies blutjung, die hatte ja schon ihren stolzen Preis. War sie darüber hinaus noch Jungfrau, dann war sie praktisch unbezahlbar! Also jedenfalls mit Gewissheit außerhalb der finanziellen Möglichkeiten meines Herrn. So was konnten sich normalerweise nur Leute leisten, die als Zweitwagen eine Mercedes S- Klasse fahren. Weil sie den Jaguar schonen wollen. Die sich ein ganzes Stockwerk im Hilton anmieten, weil ihr schloßähnliches Anwesen gerade generalgereinigt wird. So diese Liga.
Und selbst wenn man jetzt unterstellen wollte, ihr Jungfernhäutchen wäre in einer dieser arabischen Kliniken, die sich darauf spezialisiert haben, wieder rekonstruiert worden (was ich aber nicht annahm, jetzt nur mal um des Argumentes willen)- ja, solche Operationen haben auch ihren Preis, was glaubt Ihr denn?
Aber dass man eine Sklavin dergestalt wieder hergestellt hätte, das war doch ohnehin ein absurder Gedanke. Es wachsen doch ständig neue nach, werden sorgsam geschult und abgerichtet, aber intakt gehalten für das Luxussegment des Sklavenmarktes. (Und sind sie dann erst entjungfert, ja dann bereichern sie die nächsten Jahre das gehobene Angebotsniveau. Nun aber nur noch zu einem Drittel ihres ursprünglichen Preises.)
Nein, nein, Nathalie war eine echte Jungfrau gewesen, dem Herrn gegeben, sie zu schänden.
Meine Annahme, sie wäre ihm gewissermaßen in Kommission überlassen worden, im Austausch für mich, erwies sich nun als nicht mehr haltbar.
Kurz erwog ich, dem sei doch so. Der Sir hatte sein Werk nicht vollenden können an mir. Und der hatte ja über mich gesagt: „Machen wir sie vollends hin!“ Aber ich war noch am Leben und weil er so versessen darauf war, mich zu töten, hatte er meinem Herrn Nathalie gegeben, ihm sozusagen ein Angebot unterbreitet, dem er nicht widerstehen konnte....
Ach was, alles Quatsch natürlich! Warum war ich dann immer noch hier? Und der Sir, der dachte doch bestimmt nicht mehr an mich, für den war ich doch nur eine aus einer großen Zahl an geschundenen Leibern, und in der Zwischenzeit hatte er sich bestimmt an Fünfen dafür schadlos gehalten, mich dem Tod entkommen lassen zu müssen.
Nein, wie ich es auch drehte und wendete. Es sah verdammt danach aus, als habe dem Herrn jemand ein mehr als verdammt großzügiges Geschenk gemacht, und der hatte es gleich mal ausgepackt heute abend.
Aber wer und wozu? Keine Ahnung, nicht den blassesten Schimmer Ihr vielleicht?
Kapitel 128
Ein Gutes hatte diese Erkenntnis natürlich, falls sie denn stimmte: Nathalie und ich waren gar nicht zwangsläufig Rivalinnen um die Gunst des Herrn. Der Herr brauchte mich nicht zu verkaufen.
Könnte es aber natürlich dennoch tun. Weil ich natürlich auch einiges Geld in seine Kasse spülen würde.
Oder er verkaufte die immer noch sehr wertvolle Nathalie, die natürlich noch mehr einbrächte als ich. Sie war etwas jünger, und eben doch hübscher als ich. (Vor allen Dingen, so abgemagert und ramponiert, wie ich aussah seit dem Sklavengefängnis, brachte ich wahrscheinlich nicht mehr den vollen Preis. Gut, man könnte mich aufpäppeln vor dem Verkauf, so was ist ja üblich bei ramponierter Ware. Wie man einen Gebrauchtwagen ja auch aufpoliert, bevor man den Kunden zur Probefahrt bittet.)
Oder er behielt uns Beide. Gönnte sich einen Luxus, den sich Menschen wie er sonst in der Regel nicht leisten konnten.
Zwei blutjunge Sklavinnen. Ganz für sich alleine.
Ihr seht, es waren viele Gedanken, die mir durch den Kopf gingen, während ich eine immer noch von Schluchzern geschüttelte Nathalie Richtung Bad führte, um sie zu waschen.
Und anschließend sollte ich sie in unser Zimmer führen und einschließen. Und wieder zurückkehren zum Herrn ins Wohnzimmer.
Mir grauste davor. Mein anfängliches gutes Gefühl war gänzlich verflogen.
Kapitel 129
Ich weiß noch, wie ich zum Wohnzimmer lief in meinem Fummel. Ich war ausgelaugt und erschöpft, fühlte mich all dessen so überdrüssig.
Was sollte nun kommen? Der Herr hatte Nathalie vergewaltigt und es hatte ihm Spaß gemacht. Bestimmt war nun ich an der Reihe. Also neue Quälereien.
Was hatte das alles überhaupt noch für einen Sinn?
Es würde nie aufhören.
Warum ging ich nicht einfach in die Küche, nahm mir ein Messer und stach den Herrn tot? Einfach so, versteht Ihr?
Ich habe es aber nicht getan, sonst wäre ich ja wohl kaum noch am Leben. Warum? Weil ich nicht bereit war, selbst zu sterben. Noch nicht. (Vielleicht denken alle, die Sklaven haben, und seien es noch so ergebene, mal darüber nach!)
Das hat dem Herrn das Leben gerettet. Und mir auch. Weil sonst hätte ich mir das meine im Anschluss an die Tat selber nehmen müssen, damit sie mich nicht zu Tode folterten im Sklavengefängnis deswegen. Ganz langsam und extrem qualvoll- als Strafe.
Erinnert Ihr Euch noch an diese Wannen, in denen es so leise plätscherte? In denen man die ertrinken lässt, die tatsächlich das getan haben, wozu ich eben den Impuls verspürte? Erinnert Ihr Euch daran, ja? Und auch an so'ne paar andere Teufeleien, die man dort angestellt hat mit mir?
So wollte ich nicht sterben, so nicht- und zum Suizid, da fehlte mir der Wille und auch der Mut, das spürte ich ganz deutlich. Ich hätte es nicht gekonnt.
Das hieß also, dass ein Leben in völliger Unfreiheit vor mir lag, eine einzige Kette aus Demütigungen und Leiden, ein Leben in Rechtlosigkeit und Sklaverei, und mir war, als kapierte ich das jetzt zum ersten Male in meinem Leben wirklich. Es war schwer, gegen die aufkeimende Verzweiflung anzukämpfen, die mich in diesem Augenblick zu überwältigen drohte, glaubt mir.
Gesenkten Hauptes betrat ich das Wohnzimmer. Das war der letzte Rest an Aufbegehren, den ich mir gestattete. Nicht irgendwie hüftschwenkend oder arschwackelnd aufzutreten, sondern einfach so vor ihn hinzutreten, meinen Herrn.
„Herr, hier bin ich. Wie Sie befohlen haben“, murmelte ich leise und hielt den Kopf gesenkt.
Zu meiner Überraschung, denn ich rechnete mit einem Zornesausbruch oder dass er zumindest gleich über mich herfiele, seine Geilheit zu befriedigen, geschah nichts dergleichen.
„Anna, setz dich“, meinte er nur. Zwar mit etwas schwerer Zunge, der Wirkung des Whisky zweifellos, aber noch Herr seiner Sinne, wie ich den Eindruck gewann.
„Ja, Herr. Danke.“
.......
„Anna, ich möchte mit dir reden.“
„Ja, Herr. Danke. Danke, dass Sie mit mir reden wollen.“
„Ja, ja, schon gut“, er winkte ab. „Was ich dich fragen wollte, Anna....“, hier zögerte er, „glaubst du...ach nein, äh- anders: hast du dich schon mal gefragt, wie es wäre, von hier fortzugehen?“
Also doch! Aber immerhin: ganz leicht zu fallen schien er ihm auch nicht, der Abschied von mir.
„Herr, es tut mir leid, dass ich Ihnen eine so schlechte Sklavin war. Ich bin mir sicher, dass Nathalie ihre Wünsche besser befriedigen wird, als ich es jemals vermocht hätte.“
In diesem Moment, da alles entschieden war, verspürte ich keinerlei Groll oder Abneigung gegen Nathalie mehr in mir. Ich wünschte ihr vielmehr von Herzen alles Gute und wollte ihr den Beginn als die neue Sklavin meines Herrn noch so leicht als möglich machen.
Es lag mir auf der Zunge, dem Herrn auch noch zu sagen, dass ich sie absichtlich und lügenhafterweise in ein schlechtes Licht gerückt hatte, aber das unterließ ich. Aus Angst vor Strafe und auch, weil es ihr ja offenbar auch nicht schadete bei ihm.
Der Herr erhob sich, kam rüber zu mir, griff mir mit der Hand unters Kinn, zwang mich sanft, meinen Kopf anzuheben und ihm in die Augen zu blicken. Täuschte ich mich oder schaute er direkt schmerzlich drein?
Meine Zukunft- die nun vor mir lag, hieß Versteigerung. Versteigerung auf dem Sklavenmarkt.
Die Gefühle, die ich, wieder zurück in unserem Zimmer, verspürte, lassen sich kaum in Worte fassen. Was meinte er nur? WAS?
Natürlich brannte es mir auf der Zunge, ihm tausend Fragen zu stellen.
Aber wenn ich eines gelernt habe in meinem Dasein als Sklavin, dann Geduld. Geduld und Ergebenheit. Und eine gehörige Portion Misstrauen. Wer weiß, am Ende war das alles nur ein betrunkener Scherz. Oder eine Art Loyalitätsprobe. Die Entscheidung zwischen Nathalie und mir war vielleicht noch gar nicht gefallen, und er wollte nur mal sehen, wie ich reagierte. Alleine dieser Quatsch, ich würde „frei“ sein bei meiner neuen Herrschaft, so'n Quark!
So 'ne Herrschaft gibt’s nicht, der Unterschied liegt nur im Grad der Unfreiheit, ob man noch als Mensch angesehen wird. Zwar als einer der niedersten Stufe, aber immerhin noch als Mensch und nicht nur als so'ne Art Tier, das zufällig sprechen kann und auf zwei Beinen läuft, überdies praktischerweise noch zwei Hände hat, um damit zu arbeiten. So isses doch meistens, machen wir uns nichts vor, auch wenn man sich heute in „aufgeklärten“ Kreisen gerne über die barbarische Sichtweise früherer Zeiten (oder gewisser zeitgenössischer Hinterwäldler) mokiert. Sklaven sind doch auch Menschen, nicht wahr? Und ihre Sklaven bedienen sie stumm, diese „aufgeklärte“ Herrschaften, während sie auf Partys und dergleichen ihre Reden schwingen.
Oder hatte mich am Ende gar mein alter Herr zurückgekauft oder (äußerst unvorteilhaft) eingetauscht gegen Nathalie? Um vielleicht Mama einen Gefallen zu tun? Oder weil es ihn gar reute und ich ihm fehlte?
Ich verbot mir solche Hirngespinste, energisch sogar.
Das Beste war es, ich hielt einfach die Klappe auf seine Eröffnung hin.
Es gibt ein altes Sprichwort unter uns Sklaven, und das lautet: „Nichts sagen. Nichts erhoffen.“
Kapitel 130
Ich machte kein Auge zu. Das Gedankenkarussell und das der Gefühle ließ sich nicht mehr bremsen. Plötzlich war ich felsenfest davon überzeugt: ich war verkauft, verkauft, verkauft, an wen auch immer, und mit einem Mal war das gar nicht mehr so furchtbar. Mein neuer Herr, wie ich ihn manchmal für mich nannte im Unterschied zu meinem ersten Herrn, das war kein guter Herr gewesen, das war einer von der Sorte, die schlug dich einfach tot irgendwann.
Ich nahm mir fest vor, den nächsten Herrn gleich von mir zu überzeugen, meinen ganzen Gehorsam, meine Loyalität und Hingabe hundertprozentig auf ihn zu übertragen. Wie er wohl aussah, wie er wohl war? Es sollte ja auch welche geben, die gebrauchten ihre Sklavinnen noch nicht mal sexuell. Oder nicht so oft. Gehörte ich einer Familie, oder ihm alleine?
Fragen, Fragen, Fragen, und doch keine Antwort. Aber ich malte mir die verschiedensten Szenarien aus, und in jedem bestand ich alle Proben, die an meinen Gehorsam, an meine Unterwürfigkeit gestellt wurden, geradezu glänzend. Ich wurde nicht mehr geschlagen, ich bekam Ausgang, ich sah Mama wieder, meine gütigen ersten Herrn und und und.....
Aber was ich mir auch ausmalte, die Wirklichkeit erriet ich nicht.
(Ach, wieder zurück zu sein, zuhause, nein, das durfte ich mir nicht gestatten, das zu erhoffen. Hoffnungen können gefährlich sein, wenn man sich zu sehr an sich klammert. Vorsicht, Anna!)
Als ich ins Zimmer kam, schlief Nathalie bereits.
Ich meine, logisch schlief sie in meinem Bett, seit gestern schon. Sollte ich sie etwa auf dem Fußboden nächtigen lassen? Nein, das ging nicht, also rückte ich gestern abend seufzend etwas zur Seite, als sie dann in einem kurzen (und sehr sexy aussehenden, wie mir auffiel) Nachthemd vor meinem Bett stand. Aber ich bin trotzdem keine Lesbe, also keine richtige, meine ich.
„Na, komm schon. Hoffentlich bist du straight!“
„Paah“, machte sie, „mir dir würde ich sowieso nicht wollen!“
Heute, da schlief sie wie gesagt schon, den Schlaf der Erschöpfung. Nun ja, eigentlich tat sie mir leid. Sie war noch zu jung für so einen alternden Perversen. Sie ahnte ja nicht, was noch alles auf sie zukam.
Ich entkleidete mich, zog nur einen bequemen Slip über, schlüpfte zu ihr unter die Decke.
Sie erwachte kaum, kuschelte sich nur so an mich. „Tabbea“, murmelte sie im Schlaf. Eine ihrer Schwestern? So 'ne kleine Liebhaberin? Das haben die ja gerne eine, in diesen Sklaven- Aufzuchtstationen (wir, also wir Sklaven, sagen ziemlich roh: „Brutställe“ dazu), weil die Geschlechter dort in der Regel getrennt Fünfzehnzehngehalten werden. Also die Mädchen bleiben bei ihren immerzu schwangeren Müttern, die Jungs kommen weg, spätestens wenn sie dem Kleinkindalter entwachsen sind.
Mit Sicherheit konnte ich es natürlich nicht sagen, ob sie von dort stammte, aber alleine der Name, den sie gemurmelt hatte: „Tabbea“. So komische Namen geben sie den Mädchen gern in den Brutställen. (Oder „Azra“; oder: „Samantha“: so heißen eigentlich nur Sklavinnen. Zumindest bei uns in Deutschland.) Und auch die Tatsache, dass sie noch Jungfrau war, sprach dafür. Welcher Privatherr brachte denn auch so viel Selbstbeherrschung auf? Es gab welche, o.k., aber so viele waren es bestimmt nicht.
Kurz verspürte ich den Wunsch, sie zu wecken, ihr Gesicht mit Küsschen einzudecken, bis sie aufwachte, und dann vielleicht doch was mit ihr anzufangen. Weil, so neben ihr zu liegen, die Wärme ihres kleinen Körpers zu spüren- und dann der schwache Duft nach Mädchen, nach Reinheit und Unschuld, untermengt mit einer ganz zarten Andeutung von Parfüm- das war schon verlockend irgendwie. Damals, mit meiner einen Schulfreundin.... So verkehrt konnte das doch gar nicht sein, was einem so viel Befriedigung gab....
Aber ich ließ es dann doch. Erstens, weil dafür ja nun wirklich nicht der günstigste Zeitpunkt war, so unmittelbar nach ihrer ersten und reichlich brutalen Begegnung mit dem männlichen Geschlecht, und zweitens, weil ich mir unschlüssig war, ob ich ihr von meinem Verkauf erzählen sollte. Und bestimmt hätte ich das.
Irgendwann döste ich doch weg, irgendwann kam dann der Morgen.
Der Wecker läutete unbarmherzig.
Nathalie war bereits aus dem Bett, stand am Waschbecken, putzte sich eifrig die Zähne. Summte eine Melodie vor sich hin währenddessen.
Gut. Sie wirkte nicht allzu traumatisiert, ihr gestriges Geflenne war wohl dem ersten Schock zuzuschreiben.
Sie spülte den Mund aus, schenkte mir ein Strahlen: „Hi, Anna! Na, ausgeschlafen?“ Es war offensichtlich, dass sich ihre Einstellung mir gegenüber grundlegend gewandelt hatte seit gestern nacht. Schade, wer weiß, ob ich nicht wieder alleine sein werde bei meinem nächsten Herrn.
Mein Herz klopfte bei dem bloßen Gedanken daran, dass heute möglicherweise ein ganz entscheidender Tag war in meinem Leben. Obwohl- jetzt, bei Tagesanbruch kam mir das alles so unwirklich vor, das nächtliche Gespräch und was er mir zu sagen hatte, alles halt- war ich ganz sicher, dass ich es nicht nur geträumt hatte?
Nathalie riss mich aus meinen Gedanken.
„Sag mal, wo können wir duschen?“
„Gegenüber“, ich gähnte. Nein, es war kein Traum gewesen gestern nacht, der Herr hatte wirklich mit mir geredet. Aber er war doch recht betrunken gewesen...Auf alle Fälle besser, Nathalie erst mal nichts zu sagen.
Nathalie, immer noch in ihrem reizenden Nachthemdchen übrigens, stieg über den Berg an Klamotten, der weiterhin auf dem Fußboden aufgestapelt lag (besser, als wenn sie im Koffer ganz zerdrückt worden wären, Ihr erinnert Euch), versuchte die Tür zu öffnen. Zu meinem Erstaunen ging sie auf. Der Herr hatte wohl gestern nacht vergessen, sie abzuschließen.
„Nathalie“, warnte ich sie, „normalerweise ist abgeschlossen. Geh da besser noch nicht raus. Warte lieber, bis der Herr kommt.“
„O.k.“
Also unterhielten wir uns noch über dies und das. Sie begutachtete neugierig die Fesselungseinrichtungen an meinem Bett. Blickte in meine Richtung, zog fragend eine Augenbraue hoch.
„Ach das“, meinte ich geringschätzig, „wenn du immer gehorchst, ist das kein Thema.“Fünfzehnzehn
„Ach, schön!“ Sie wirkte sehr erleichtert.
Ich entschloss mich, ihr, zumindest vorläufig, nicht mitzuteilen, dass dies aber ein Herr war, bei dem auch der größte Gehorsam nicht vor ständigen Schlägen schützt. Dass es da diesen voll eingerichteten Bestrafungskeller gab. Das würde sie ohnehin alles bald selbst herausfinden- und es war wichtig, dass sie ihren neuen Lebensabschnitt mit einer positiven Grundhaltung begann.
Gottseidank brachte sie viele Voraussetzungen mit, die der Herr als unverzichtbar ansah. Zum Beispiel hatte sie sehr gute Kochkenntnisse, war reinlich und in Haushaltsdingen nicht unerfahren. Sie war gesegnet mit einer raschen Auffassungsgabe, war flink und willig. Servieren konnte sie auch. Von alledem hatte ich mich gestern überzeugen können, als ich mit ihr zusammen das nachmittägliche Arbeitspensum durchzog. Da bereitete mir das noch Sorgen, weil ich sie da ja noch als Konkurrentin sah, heute war ich froh für sie.
Blieb das Problem mit ihrem übersteigertem Selbstbewusstsein, auch wenn sie, dem Himmel sei Dank, nicht so dämlich war, es dem Herrn gegenüber offen zur Schau zu tragen.
„Hör zu, Nathalie. Was ich dir noch sagen wollte- und ich kenne den Herrn ganz gut, also gib gut acht: es ist wichtig, dass Du hier in diesem Hause immer total gehorchst. Bis auf's i- Tüpfelchen alles immer haargenau so machst, wie der Herr es befiehlt. Oder gerne hat. Und versuch auch, wirklich gut im Bett zu werden, hörst du?“
Damit traf ich einen wunden Punkt.
„Meinst du....“, so begann sie und warf mir einen waidwunden Blick zu, „meinst du, der Herr wird noch mal versuchen....?“
Ich musste lachen. Wer war denn gestern abend vor dem steifen Schwanz des Herrn herumgetänzelt, und noch nicht mal so ungekonnt, bis dieser praktisch gar nicht mehr anders konnte, als über sie drüberzusteigen und es ihr zu ordentlich zu besorgen? Im Prinzip hatte sie ja fast darum gebeten, und der Herr war eben kein so'n schwules Weichei. Na ja, vielleicht würde sie das im Lauf der Zeit noch schätzen lernen an ihm, auch wenn ich mir natürlich nichts darüber vormachte, dass sie eben noch sehr unerfahren war. Gestern abend, da spulte sie doch nur ihr Programm ab, so, wie man sie dressiert hatte....
Ich wollte sie ein wenig aufklären über so gewisse Zusammenhänge, ihr ein paar Illusionen nehmen, die gröbsten Irrtümer berichtigen.
„Nathalie, Schätzchen, das ist doch der Hauptgrund, dass er dich gekauft hat, wenn du mich fragst!“ (Also um sie zu ficken, so oft, wann und wie immer auch er das wollte.)
„Und...aber....“, sie betrachtete ihre Fingernägel, „was ist, also wenn ich nicht mal will....?“
„Wie, wenn du nicht willst? Spinnst du? Bist du jetzt völlig durchgedreht oder was!?“
„Ach, ich mein doch nur....“
„Nathalie! Spinn dich aus! Ehrlich!“ So langsam begann ich direkt daran zu zweifeln, ob sie wirklich so clever war, wie ich anfänglich vermutete. Wahrscheinlich war vieles nur eine taffe Fassade gewesen, die jetzt, unter dem frischen Eindruck, den diese Vergewaltigung bei ihr zweifelsohne hinterlassen hatte, rapide zu bröckeln begann. Trau einer denen, die am Morgen schon vor sich hinsummen... (Wie heißt es in diesem Sprichwort über die Vögel, die am Morgen singen, doch so schön? Ihr wisst sicher, was ich meine, nicht wahr?)
“Nathalie, jetzt schau mich mal an!“
Sie hob ihren Blick aber nicht, hielt ihn weiter unverwandt auf ihre Fingernägel gerichtet.
Ich beschloss, es auf die Große- Schwester- Tour zu versuchen.
„Nathalie, das war ganz große Klasse, wie du gestern vor ihm getanzt hast. Wirklich prima! Und wie schnell du ihn herumgekriegt hast- alle Achtung!“
Nein- ich würde nichts davon durchblicken lassen, dass ich mir über den tatsächlichen Ablauf, also Vergewaltigung inklusive Verlust ihrer Jungfräulichkeit, im Klaren war. Obwohl ich es ja gewesen war, die sie gestern nacht noch wusch unten rum. Daran schien sie im Moment aber nicht zu denken. Jedenfalls musste ich sie jetzt seelisch irgendwie aufbauen, und zwar ganz auf die Schnelle.
„Ja, meinst du?“ Sie lächelte unsicher, aber schaute immerhin wieder in meine Richtung und nicht mehr auf diese verdammten Fingernägel.
„Ja, ehrlich! Ganz toll! So schnell hätte ich das nie geschafft, ich schwör's! Habe ich dir gar nicht zugetraut.“
„Na ja, er hat auch 'nen tollen Schwanz, und so gut wie von ihm bin ich bisher auch selten gefickt worden“, log sie da, schon wieder ganz großspurig. „Er ist halt 'n alter Sack, aber ich werd mich schon daran gewöhnen, denke ich!“
Das war genau das, was ich hören wollte von ihr. Und so, wie ich es hören wollte. Obwohl- es war halt dennoch eine Spur zu forsch, und auch wenn sie es ihm gegenüber natürlich nie geäußert hätte- der Herr ist da sehr empfindlich, wenn er meint, eine sei respektlos. Oder gar aufmüpfig. Sehr empfindlich, wie Ihr, meine lieben Leser, wohl wisst!
Kapitel 131
Dann wurde ich nach dem Duschen und anziehen in mein Zimmer gesperrt, während der Herr Nathalie mit sich nahm.
Da saß ich nun, in meinem Hausarbeits- Outfit, und die Stunden schlichen. Das erste Mal, seit ich bei meinem Herrn war, hatte ich tagsüber nichts zu tun. Nun konnte es nicht den geringsten Zweifel mehr geben- ich war verkauft und wartete hier in diesem Zimmer auf die Übergabe an meinen neuen Herrn. Oder auf diese Leute, die dich verschnüren wie ein Weihnachtspäckchen und zu deiner neuen Herrschaft bringen.
Mein Kopf war wie leer, stumpf saß ich da, die Stunden verrannen. Jede Unruhe war aus mir gewichen.
Dann ein Klopfen, das Drehen des Schlüssels im Schloss.
Nathalie, ohne den Herrn. Sie trug eines meiner Servierkleider. Bisschen zu groß für sie; aber dennoch: stand ihr ganz gut, fand ich.
„Anna, du sollst mitkommen. Im Arbeitszimmer des Herrn sind welche. Ich glaub' , die werden dich mitnehmen.“
Mechanisch erhob ich mich. Nathalie hatte was dabei: eine meiner Reisetaschen, sie war halb gefüllt, bestimmt enthielt sie meine restlichen Sachen, die der Herr behalten hatte..
„Du sollst sie aufmachen und dir was Anständiges anziehen, sagt der Herr.“
Ich tat es. Zuoberst lag mein schwarzer Pulli, der mit dem Paradiesvogel. Ihn trug ich, als ich hier her kam, ihn würde ich tragen bei meinem Weggang. Er muffelte etwas beim Überstreifen.
Ich kleidete mich außerdem noch in Jeans und stieg in meine Winterstiefelchen. Dann zog ich den Reißverschluss der Tasche wieder zu , aber nicht ohne vorher noch mein Zahnputzzeug hineingelegt zu haben. Den Arbeitskleidung ließ ich achtlos auf dem Boden liegen.
„Können wir, Nathalie? Ich bin fertig.“
„Ja, komm!“
Ich folgte ihr auf dem Weg zum Arbeitszimmer des Herrn, den ich so gut kannte. Das hier, das war mein Zuhause geworden, wenn auch ein erbärmliches und grausames, aber dennoch ein Stück Sicherheit in einer unberechenbaren Welt, in die ich nun wieder hinaus musste.
Es war auch seltsam, wieder eigene Kleider zu tragen. Welche, die ich mir früher mal ausgesucht hatte. Mein Gott, was für ein Kind war ich doch noch gewesen, als ich das letzte Mal in ihnen steckte!
Ich fühlte mich, als sei ich tausend Jahre gealtert seitdem.
Wir mussten vor der Türe des Arbeitszimmers warten.
„Noch nicht!“, rief der Herr, als Nathalie anklopfte.
„Ja, Herr. Verzeihung bitte“, antwortete Nathalie.
Wir standen und schwiegen. Bis mich Nathalie unvermittelt flüsternd ansprach: „Anna, es tut mir leid, dass du wegen mir verkauft wurdest und dass ich so gemein zu dir war. Entschuldige bitte.“
„Es ist in Ordnung, Nathalie. Nichts, was geschah, ist deine Schuld.“
Wir reichten uns feierlich die Hände.
„Mach's gut, Anna!“
„Ja, du auch, Nathalie! Und sag zweien Lebewohl von mir, die heißen Dana und Bettina und kommen manchmal hier her mit ihren Herren. “
„Ja, Anna. Ich versprech's!“
„Danke.“
Wir umarmten uns.
Das war mein Abschied von Nathalie und auch von Dana und Bettina.
„Anna, komm jetzt rein!“
„Ja, Herr!“
Mein Herz raste unvermittelt los.
Ich trat ein, machte meinen schönsten Sklavenknicks in Richtung auf einen vornehm aussehenden Herrn, den ich nicht kannte und der sich umdrehte bei meinem Hereinkommen. Er saß meinem Herrn, also meinem bisherigen Herrn, der sich hinter seinem Schreibtisch befand, an dessen einer Seite schräg gegenüber. Auf dem Schreibtisch befanden sich ein Bündel Bares, das durch ein Gummiband zusammengehalten wurde und etliche Papiere, wohl die Unterlagen über meinen Verkauf.
Mein Gott, dieses Bündel Scheine- das waren doch lauter Fünfhunderter- und Tausender- Noten, wie es aussah. Und es war dick! Mein bisheriger Herr schob es ein, steckte es einfach in seine Hosentasche. Die Zuzahlung, von der er geredet hatte, war also vom Käufer zu leisten und nicht anders herum, wie man hätte erwarten sollen. Warum nur? War ich tatsächlich so viel wert?
(Hinterher, einiges später, kam ich drauf, dass ich mich sofort über was ganz Anderes noch viel mehr hätte wundern müssen: mein neuer Herr, der hatte offenbar nicht nur ein kleines Vermögen hingelegt für mich, nein, er hatte es getan, OHNE mich vorher auch nur gesehen zu haben! Ohne mich in allergeringsten zu begutachten. Das war ja so was von unüblich- aber ich war dermaßen nervös, dass ich einfach nicht mehr richtig denken konnte!)
„Ja, also, da wäre sie. Das ist die Anna. Los, sag schon was. Stell dich deinem neuen Herrn vor!“
Zur Sicherheit, und auch um Zeit zu gewinnen, machte ich gleich noch einen Sklavenknicks. Die Kehle war mir wie zugeschnürt.
„Hallo Herr, ich bin die Anna, Ihre neue Sklavin. Ich will Ihnen treu dienen, ich schwör's!“ Piepste ich mehr, als dass ich es sagte. Noch'n Knicks.
Im Raum befand sich noch eine weitere Person, der ich bisher aber keine Beachtung geschenkt hatte. Ein junges Mädchen, auch sie saß, hinter meinem Rücken, auf einem Stuhl meinem bisherigen Herrn auf der anderen Seite des Schreibtisches gegenüber. Also keine Sklavin, die wäre mit ziemlicher Sicherheit gestanden.
Die wandte zwar auch den Kopf um, als ich eintrat, aber ich wandte mich gleich meinem neuen Besitzer zu. Konzentrierte mich voll auf ihn, wollte ihm hundertprozentig den Respekt erweisen, der ihm zustand, und nicht von Einem zum Anderen schauen. So was hat schon mancher sehr geschadet, die gerade verkauft worden ist.
„Hallo Anna! Wie geht’s?“, hörte ich da die fröhliche Stimme dieses Mädchens hinter mir. Ich erkannte sie auf Anhieb, fuhr auf der Stelle herum:
Es war Giselle!
Kapitel 132
„Giselle? Du?“
Ich war mehr als total geplättet. Ich hatte ja schon Ewigkeiten nicht mehr an sie gedacht. Hätte nicht erwartet, sie jemals wiederzusehen.
„Ja, ich“, antwortete sie einfach. „Oder dachtest du, ich hätte dich vergessen?“
Oh Mist, ich hatte sie in meiner Verblüffung einfach geduzt. Wie unverzeihlich dumm von mir!
„Deine schönen Knickse, die kannst du in Zukunft vor ihr machen. Ich habe dich für sie gekauft. Falls mein Fräulein Tochter überhaupt Wert auf Knickse legt. Es darf bezweifelt werden“, ließ sich da mein neuer Herr vernehmen.
Ruckartig fuhr ich wieder herum. Fiel auf die Knie vor ihm.
„Ich....Herr, es tut mir so leid. Verzeihung bitte bitte bitte....Ich wollte die junge Herrin eben nicht....“
Da verspürte ich wieder diese schwachen Arme, die mir von hinten unter die Achseln griffen und versuchten, mich nach oben zu zerren.
Wie schon einmal. Wo war das denn gewesen? Ach richtig, in dieser Tanzschule. Wo ich Bauchtanz lernen sollte. Als ich vor dieser Amelia kniete. Oder hieß sie Amelie?
„Steh auf, Anna, steh doch auf! Du brauchst nicht zu knien vor ihm oder irgendwelche albernen Knickse zu machen. Und vor mir schon gar nicht. Wir sind doch Freundinnen, oder?“
„Ja, schon.“
So wie ich das sah und heute noch so sehe, war sie es, die mich rettete. Und niemand sonst! Dieser Kauf, also mich meinem Herrn abzukaufen, das war ihre Initiative, keine Frage.
Kapitel 133
Der Herr (ja klar,mein ehemaliger Herr, aber ich empfand noch nicht so) geleitete uns höchstpersönlich selbst bis auf den Hof, half vorher noch der „jungen Dame“ in den Mantel. Ganz der Kavalier der alten Schule! Nathalie war nirgends zu sehen.
Es kam dann noch zu einer etwas absurden Szene. Wir standen schon vor dem Auto meines neuen Besitzers („Nobelkarosse“ wäre ein passenderer Ausdruck), und als sich der Herr von den Beiden per Handschlag verabschiedetet hatte, da hielt er sie mir als Letzter auch noch hin, seine Hand, mit der er mich so oft geschlagen hatte. So oft. Wie hatte ich vor ihr gezittert und sie gefürchtet, diese Hand. Wie viele Ohrfeigen hatte er mir mit ihr verabreicht, wie oft hatte sie die Peitsche geschwungen, im Keller nach dem Rohrstock gegriffen, dem Ochsenziemer. Ich trage Narben auf dem Rücken, dem Gesäß, den Oberschenkeln, die nie mehr vergehen werden. Von denen auf der Seele ganz zu schweigen. Und nun war mir diese Hand hingestreckt, und es wurde erwartet, dass ich sie ergriff.
Ich tat es. Machte einen formvollendeten Knicks, sagte artig: „Auf Wiedersehen, Herr!“, etwas, auf das ich allerdings nicht den geringsten Wert legte. Also, ihn noch mal wieder zu sehen in meinem Leben! Eher würde ich mir eine Kugel in den Kopf jagen, ich schwör's!
Dann saß ich im Auto, das Auto rollte aus dem Hof. Da erblickte ich noch mal Nathalie, sie stand am Tor, hatte wohl die Aufgabe, es hinter uns zu schließen, sobald wir weg waren. Ich winkte ihr, sie schaute aber nicht in meine Richtung, sondern zu Boden.
Und gleich nach der ersten Wegbiegung, da war das Anwesen meines Herrn verschwunden. Es hatte aufgehört zu existieren. Die Mauer, hinter der ich gefangen gehalten worden war, es gab sie nicht mehr. Sie hatte keinerlei Bedeutung mehr für mich!
Giselle und ich hatten im Fond Platz genommen.
Ihr Vater war da zuerst gar nicht so begeistert davon, „das ist ja so, als ob ich euer Chauffeur wäre, der Chauffeur meiner eigenen Tochter, setz dich doch nach vorne, Giselle, mein Kind, da könnt ihr euch doch genauso gut unterhalten!“ Aber Giselle, sein Kind, schüttelte nur störrisch den Kopf wie eine kleiner Maulesel und war partout nicht umzustimmen. Sie wollte neben mir sitzen und damit basta! Und als dann sich auch noch mein alter Herr reinmengte und sagte: „Nun lassen Sie sie doch neben ihrer Neuerwerbung sitzen, Mädchen sind so. Neue Sklavin, neues Kätzchen oder Häschen, da sind sie ganz vernarrt“, da gab Giselles Vater nach und ließ ihr ihren Willen.
(Die wickelt ihn ja ganz schön um den Finger, dachte ich mir. Ich hatte ja keine Ahnung, welche Zeugnisse ihrer Dickköpfigkeit und Willensstärke Giselle in Bälde abliefern sollte!)
Ich sank zurück in die weichen Polster, gab mich dem sanften Schaukeln der Fahrt hin. Es war alles so unwirklich!
Ich war so glücklich wie noch nie in meinem Leben. Jetzt erst verstand ich meinen früheren Herrn, als er meinte, ich würde es gut haben bei meiner neuen Herrschaft! Besser, als ich es mir je hätte träumen lassen. Denn dass Giselle die beste Herrin auf der Welt sein würde, daran hegte ich keinen Zweifel. Keinen, und ich schwamm förmlich auf einer Woge des Glücks.
Giselle deutete mein Schweigen aber offenbar falsch.
„Ja, ich weiß, Anna. Du dachtest, ich habe dich bestimmt vergessen. Und bist jetzt sauer mit mir.“
Bevor ich da etwas darauf erwidern und das richtigstellen konnte, schaltete sich ihr Vater ein.
„Anna, du sollst wissen, dass Giselle immer an dich gedacht hat, immer. Erst dachten ihre Mutter und ich, das würde sich wieder legen, aber es wurde immer schlimmer. Sie war geradezu besessen von dem Gedanken, dich aus den Fängen dieses schlechten Herrn zu befreien, der, nebenbei bemerkt, auch auf mich jetzt, beim persönlichen Kennenlernen, keine allzu günstigen Eindruck gemacht hat...“
„Ja, und weißt du Anna,“ fiel Giselle ihrem Vater ins Wort, „ er hat mir so einen Mist erzählt, als ich bei euch war, dass du irgendwie total kaputt wärst und er müsste dich erst aufbauen wieder und... und du würdest in ihm quasi deinen früheren Herrn sehen, also ihm unterstellen, er wäre genauso wie der. Und ich hab's ihm geglaubt und dachte, dass er dir helfen wollte und gut zu dir sein würde.“
„ Ja, Anna“, übernahm ihr Vater wieder den Gesprächsfaden, „und als Giselle dann bei ihm anrufen wollte, um sich zu erkundigen, wie's dir geht, da stellte sich heraus, dass die Telefonnummer, die er angegeben hatte, falsch war. Und auch sonst hat nichts gestimmt, sein Name, die Adresse, alles falsch. Es hat mich ein bißchen Gehirnschmalz gekostet, rauszufinden, wer er wirklich ist. Aber jetzt haben wir es ja geschafft.“
„Hast...hast du echt erst geglaubt, er wäre womöglich ein guter Mensch, Giselle?“, wollte ich wissen. Das sagte ich so; in dieser Form- und ich sagte es mit der allergrößten Selbstverständlichkeit. Ich hätte sie siezen müssen und „Herrin“ nennen, „junge Herrin“ allenfalls, doch ich tat es nicht. Es kam kein Donnerwetter, auch von ihrem Vater nicht.
Sie druckste ein wenig herum. „Doch, Anna, wenn ich ehrlich sein soll, das hab ich tatsächlich. Anfänglich schon. Ich meine, ich wusste ja, dass du Einiges hinter Dir hattest und er konnte echt überzeugend reden, so wissenschaftlich und so, aber als dann alles falsch war, was er über sich angegeben hatte, da bin ich zu Papa gegangen, und der hat gesagt: das ist ein falscher Fuffziger, glaub ihm kein Wort.“
„Und ich hatte recht!“, triumphierte ihr Vater, „Anna, du kennst ihn am Besten. Sag du, ob ich recht hatte!“
„Ja, Herr, das hatten Sie!“
„Anna, es ist ja o.k., wenn du „Sie“ zu mir sagst, aber lass das „Herr“ weg, bitte, sonst krieg ich Ärger mit meiner Tochter. Massiven Ärger. Sie steht den Sklavenbefreiern nahe, ich denke, das ist dir auch schon aufgefallen . Sag doch also bitte „Sie“ zu mir und „Gerhard“, so heiße ich. O.k.?“
„Ja, Herr.“ Das rutschte mir einfach so raus.
Giselle schüttelte lächelnd ihren Kopf. „Du bist und bleibst 'ne Sklavin, Anna. Einfach unverbesserlich....“
„Ja, Herrin“, grinste ich und fühlte mich so wohl dabei, so wohl, wie sich nur irgendein Mensch auf dieser Welt fühlen kann.
Wäre ich erwacht, und es wäre alles nur ein schöner Traum gewesen, es hätte mich nicht überrascht. Nicht im mindesten!
Wir hielten dann an, an einer Raststätte. Es war zwar nicht so weit zu fahren, um die sechzig Kilometer, die letzten vierzig davon auf der Autobahn, man hätte bequem durchfahren können.
Doch als dann dieses Raststätten- Symbol auftauchte, da sagte Gerhard (so darf ich ihn ja nennen, hat er mir doch selbst erlaubt; also ich schreibe jetzt nicht mehr „Giselles Vater“, oder nicht mehr jedesmal): „Kinder, ich hab Hunger, und wir sollten auch mal in Ruhe bereden, wie wir das alles deiner Mutter beibringen, Giselle. Wir halten mal an, ja?“
„Au ja, Papa! Essen, prima Idee! Und ich hätte nämlich auch noch was, was wir besprechen müssen.“
„Anna, wie sieht's aus? Auch Hunger?“
„Aber ich...ich meine, wenn die mich nicht bedienen wollen?“
Ich dachte da an die Erfahrung, die wir mit dem Kellner in diesem Cafe machen mussten seinerzeit, Giselle und ich.
„Ach was, ich möchte den Kellner sehen, der sich weigert, die Sklavin meiner Tochter zu bedienen, wenn wir für sie bezahlen. Dem würde ich Beine machen!“
„Das würde er wirklich, Anna“, nickte mir Giselle aufmunternd zu, „und außerdem wirkst du auch nicht unbedingt wie eine Sklavin, wenn du mich fragst. Auch wenn du eine bist. Aber das, das müssen wir noch mal ausdiskutieren, glaube ich.“
„Ich versteh nicht. Was meinst du, Kind?“, wunderte sich ihr Vater.
Doch erst mal nahmen wir Platz im Restaurant- Bereich dieser Raststätte, der war wirklich schön gemacht- rustikal im Landhausstil, also überall Holz und mit so Heugabeln und Wagenrädern als Dekoteile, Ihr wisst schon, und mit Bedienung. Nicht so'ne kantinenmäßige Abfütterung, wie man sie sonst meist vorfindet am Rande von Autobahnen. Auf den Tischen standen Kornblumen aus Seide in kleinen Mostkrügen, und denen sah man kaum an, dass sie künstlich waren, so echt wirkten sie.
Wieder hatte ich dieses Gefühl totaler Unwirklichkeit, als wir da so saßen und ich ganz selbstverständlich mit dabei. Ich wusste nicht: war all das, was ich erlebt hatte seit meiner Trennung von Mama und meinem gütigen ersten Herrn nur ein Alptraum gewesen oder was das jetzt ein Traum, ein wunderschöner freilich. Es dauerte so ein bißchen, bis ich mich für die zweite Variante entschied.
Ich akzeptierte es als einen wunderschönen Traum und ich hoffte, nie mehr aus ihm zu erwachen. Diese Normalität um mich herum, all die satt und zufrieden aussehenden Leute, der Geruch nach gutem Essen.
Es war, als sei ich in einem anderen Dasein gelandet, das nichts, aber auch gar nichts mit dem Dasein zu tun hatte, das ich noch vor ganz kurzer Zeit bereits als unabänderlich ansah. Aus dem mich nur noch ein Wunder hatte erretten können - und es war eingetreten, dieses Wunder. Dieses unfassliche Wunder!
Und das war der Dreh, wie ich sie als Realität annehmen konnte, die Tatsache, tatsächlich hier zu sitzen, an einem Tisch mit Tischtuch und zusammen mit zwei Menschen, die mir wohlgesonnen waren und die mich mochten.
Es war kein Traum, es war ein Wunder!
Ich war wie benommen und hatte echt Mühe, die Tränen zurückzuhalten. Ich bin ja sonst nicht so nahe am Wasser gebaut, aber das war zuviel. Es haute mich beinahe um, wirklich, glaubt es nur!
Kapitel 134
Während des Essens, für mich gab's leider nur Pfannkuchen, die guten Schnitzel in den vielen Varianten, die auf der Speisekarte standen, kamen für mich ja nicht in Betracht wegen meiner schmerzempfindlichen Kiefer, mit denen ich nichts Hartes mehr kauen konnte, begann Gerhard mit einem vernehmlichen Seufzer: „Also, Frau Tochter, du wolltest wieder mal was ausdiskutieren. Was ist es denn diesmal? Aus deinen Andeutungen bin ich nicht recht schlau geworden. Irgendwas mit Annas Sklavenstatus, wenn ich mich recht erinnere.“
Giselle aß erst mal ungerührt weiter. Kaute und schluckte.
„Lass sie frei!“, bemerkte sie schließlich zwischen zwei Bissen.
„WAS!?!
„Nicht so laut, Papa, bitte. Das ist peinlich.“
„Ich werd ja wohl noch überrascht sein dürfen! WAS hast du da eben gesagt? Ich soll Anna frei lassen?“
„Ja.“
„Ach ja? Einfach so? Du glaubst also, ich schenke dir' ne Sklavin, eine hoffnungslos überteuerte Sklavin, nebenbei bemerkt, weil du sie unbedingt haben wolltest, und dann lass ich sie frei. Mir nix, dir nix! Davon war aber nie die Rede, Kind!“
Giselle knallte wütend ihr Messer auf den Tisch: „Es war nie die Rede davon, dass ich eine Sklavin wollte, liebster Pops. Es ist unrecht, einen Menschen zu besitzen! Du weißt, dass ich so denke. Ich wollte nur, dass Anna weg kommt von diesem Menschenschinder!“ Ihre Augen flammten und ihre Wangen auch.
„Ist dir schon mal in den Sinn gekommen, dass du dich recht undankbar mir gegenüber verhältst, Giselle? Und hast du schon mal darüber nachgedacht, wie wir DAS deiner Mutter erklären sollten. Das wird ohnehin schwierig genug.“
Ich gab ihm innerlich recht. Es war mehr als großzügig gewesen, mich erst weit über Wert zu kaufen und mich dann gleich zu verschenken, also ihr innerhalb der Familie das alleinige Verfügungsrecht, die alleinige Befehlsgewalt über mich einzuräumen. Und sie war so was von unnötig, die Szene, die sie da abzog, und ziemlich undankbar obendrein. In diesem Punkt musste ich Gerhard völlig beipflichten.
Ich jedenfalls war mehr als glücklich darüber, faktisch Giselles Sklavin zu sein (de jure gehörte ich natürlich bis zu Giselles Volljährigkeit ihren Eltern, logo!)
Giselle verschränkte ihre Arme, schob die Unterlippe nach vorn: „Wenn du sie nicht freilässt, dann rede ich kein Wort mehr mit dir. Nie wieder!“
„Bitte Giselle. Nicht schon wieder! Nicht auf diese Tour. Ich bitte dich!“
„Wirst schon sehen...,“ und sie blies ihre Backen auf, ließ langsam die Luft wieder daraus entweichen.
„Also Giselle, jetzt sei doch vernünftig, so geht das doch nicht...“, lachte ihr Vater hilflos, schwankend zwischen Ärger und Amüsiertheit.
„Wirst schon sehen....“
Auch ich hatte Mühe, nicht einfach loszugrinsen. Sie war schon ein ziemlicher Sturschädel, meine kleine Herrin.
Der Kellner kam, um zu sehen, ob wir nicht noch Wünsche hätten.
„Nicht jetzt, bitte“, Giselles Vater scheuchte ihn mit einer Handbewegung weg. „Wir haben eine Familienangelegenheit zu regeln.“
„Alsooo, Giselle....“, begann Gerhard gedehnt, offenbar hatte er einen Gedanken, „da du schon mal so für die Rechte der Sklaven bist: wie wär's, wir fragen erst mal die Hauptperson? Wir wissen doch gar nicht, wie Anna darüber denkt.“
Au weia! Das hatte mir gerade noch gefehlt. Ich wollte da nicht rein gezogen werden, womöglich Unmut auf mich ziehen von der einen oder anderen Seite. Oder mich gar bei Beiden in die Nesseln setzen, wenn ich es nicht klug anstellte.
Aber auch ich hatte einen Geistesblitz.
„Herr, ich bin Ihre Sklavin“, erwiderte ich mit so viel Demut in der Stimme, wie ich nur aufbringen konnte. „Ich werde jede Entscheidung von Ihnen akzeptieren, wie immer sie auch ausfallen mag. Sie haben bereits mehr als genug für mich getan.“
Er würde mich natürlich nicht freilassen, das war doch klar und das hatte er ja auch gesagt. Aber der schwarze Peter dafür, der war jetzt in Giselles Augen wieder bei ihm. Und gleichzeitig erwies ich ihm mit dieser Antwort den schuldigen Respekt, zeigte meine Dankbarkeit. (Also wirklich: eine Sklavin, die sagt: „Lassen Sie mich frei, Herr“, das geht ja wohl nicht! Das wäre doch ein Unding, oder?)
Aber ich widersprach auch Giselle nicht direkt bei ihrer unterstellten Vermutung, ich hätte nichts einzuwenden gegen meine Freilassung. Hätte ich natürlich auch nicht gehabt. Aber ich glaubte da sowieso nicht daran, das war doch bloß wieder so'ne Marotte Giselles; und überhaupt- war das denn so wichtig?
Mich bewegte Näherliegendes: ich wollte Niemandes Zorn auf mich ziehen. Weil dann konnte es sehr rasch vorbei sein mit dem Wohlwollen, dass man mir entgegen brachte.
„Sie ist sehr diplomatisch, deine Anna“, lachte der Herr. „Da schneide dir mal 'ne Scheibe davon ab! Und können wir jetzt vielleicht aufhören mit dieser leidigen Debatte? Wir sollten weiterfahren so langsam, finde ich.“
„Sie ist nur so, weil Leute wie DU sie so gemacht haben. Sklavenhalter! Menschenschinder!“
Der Herr lachte nur noch lauthals: „Es reicht, Giselle, es reicht! Lass uns von was Anderem reden, ja?“
Auch ich hielt es jetzt für angebracht, vorsichtig Gerhards Partei zu ergreifen: „Dein Vater, Giselle, er ist ein guter Mensch. Er hat viel Geduld. Du solltest nicht so mit ihm reden. Also finde ich.“
Giselle blickte mir beschwörend in die Augen.
„Anna, siehst du denn nicht, was sie aus dir gemacht haben? Du verteidigst auch noch, dass du jemand GEHÖREN sollst. Du bist doch kein Tier, Anna! Du bist ein MENSCH!“
Die letzten Worte schrie sie fast. Am Nebentisch hüstelte jemand.
„O.k., Giselle. Ich lass sie frei. Wenn du es wirklich willst, dann werde ich sie freilassen.“
„WAS!?!“ Giselle konnte es offenbar genauso wenig fassen wie ich. Ich glaubte, meinen Ohren nicht zu trauen. Mein Herz begann zu rasen und mir brach der kalte Schweiß aus allen Poren. Meinte er das wirklich ernst?
„Du hast schon recht gehört. Wenn du es wirklich WILLST, dann lasse ich sie frei. Und ich vertrete es deiner Mutter gegenüber.“
Giselle blickte mir wieder in die Augen.
„Und, Anna...? Du hast es gehört. Willst du frei sein? Willst du es?“
Ich würgte an dem größten Klos, der jemals in meinem Halse stak.
„Ja“, brachte ich mühselig hervor.
Kapitel 135
Habe ich Giselle jemals von meinem Kontakt mit der Liga erzählt? Dass ich in Form dieses Handys den unumstößlichen Beweis für ihre Existenz in den Händen gehalten hatte?
Nein, das habe ich nicht! Bis heute nicht!
Sie würde sich dann total reinsteigern und nicht mehr lockerlassen, ich schwör's Euch.
Denkt jetzt über mich, was Ihr wollt, aber ich möchte nicht, dass sie sich in Sachen verstrickt, die sie früher oder später mit dem Gesetz in Konflikt bringen würden, vielleicht sogar ins Gefängnis.
Und mich unter Umständen gleich noch mit dazu.
Und auch wenn ein normales Gefängnis nicht im Entferntesten vergleichbar ist mit dem Sklavengefängnis (und dorthin könnte mich kein Richter der Welt mehr zurückschicken, denn Giselles Vater ist zu seinem Wort gestanden und ich bin jetzt unwiderruflich eine „Freigelassene“; also das ist nur ein anderes Wort für eine Freie, die früher halt keine war), ich will nie mehr in meinem Leben eingesperrt sein. Mein Bedarf ist gedeckt, es reicht, danke!
Ich will versuchen, das kostbare Geschenk meiner Freiheit möglichst sinnvoll zu nutzen. Ich will versuchen, noch ein möglichst glückliches Leben zu führen. Wozu auch zählt, im Einklang mit den herrschenden Verhältnissen zu leben, und ohne anzuecken wegen was, das ohnehin ein Hirngespinst ist. Also meiner Meinung nach.
Damit wir uns nicht missverstehen: Ich bin Giselle dankbar, unendlich dankbar, und wenn es einen Menschen gibt, für den ich sogar mein Leben hergeben würde, dann ist das sie. Glaubt mir!
Aber ich weiß einfach mehr als sie, habe mehr Lebenserfahrung. Und ich werde uns BEIDE davor bewahren, dass sie uns (und ihre Familie) unglücklich macht. So einfach ist das! Das ist doch richtig, oder?